Man kann nie genug wissen

Das hat glaube ich meine Mutter immer gesagt. Und in Zeiten, in denen die Veroeffentlichung von Orginaldaten wie die Loveparade-Videos oder die Wikileaks-Dokumente so heftig diskutiert wird, erinnere ich mich gerade wieder daran.

Ich gebe gleich in Interview auf Dradio Wissen, da geht es um Medien in Asien. Der freie Austausch von Informationen ist hier nicht gerade eine Tradition, es geht eher nach dem Motto “Wissen ist Macht”. Und genau das hindert viele, sich weiterzuentwickeln.

Ich habe in meiner PR-Zeit eines gelernt: Untermehmen muessen verstehen, dass Informationen fliessen muessen und nicht herumliegen. Wir haben Krisen-PR gemacht, und alle Beispiele wie man es nicht machen soll zeigen eines: Der Informationsfluss funktionierte nicht.

“Es kommt eh alles raus”, ist auch eine Art Sprichwort, dass die Konsequenzen gut belegt. Wer Informationen nicht oeffentlich machen will, hat in der Regel Angst dass etwas zutage kommt, was er oder sie nicht gerne jedermann wissen lassen moechte. Leider wird das aber zu gerne verdeckt mit Argumenten wie Sicherheitsbedenken.

Ich glaube die Oeffentlichkeit kann heute genauso gut wie ein Untersuchungsausschuss und ein Zeitungsredaktuer ein Originaldokument beurteilen. Wir brauchen keine Gatekeeper mehr. Erklaerer, Erlaeuterer ja, aber niemanden der zu unserem Besten Informationen zurueckhaelt.

Ilse Aigner und die Postkarten

Wenn die Herstellung von Postkarten erlaubt ist, weil der öffentliche Raum Gemeingut ist, dann trifft das auch auf Google Streetview zu. Wer das ändern will, ändert damit auch das Recht für Postkarten. Und: Selbst der Innenminister sieht kein Persönlichkeitsrecht für Gebäude.
Warum geifert also Zensur-Ilse Aigner dann noch rum? Die Rechtslage ist klar und gut. Ich fürchte, der Frau geht es nicht um Recht und Unrecht oder was gut für Verbraucher ist und das nicht, sondern um Profilierung. sie scheint zu denen zu gehören, die kaum leben können ohne jeden Tag in der Zeitung erwähnt zu sein. Gleich welchen Unsinn sie verbreiten.

Iconist: Eine iPad-Zeitschrift in der Kritik

Mein ehemaliger Arbeitgeber Axel Springer hat mir einen Gutscheincode geschickt, mit dem ich das neue ICONIST Magazin testen kann. Das ist nett, wer mag schon einen Rabatt Gutschein ablehnen. Ich wollte das Magazin mir anschauen, keine Frage. Ich schreibe das also nicht, weil Springer mich drum bittet. Das mal vorab.
Iconist ist ein rein fürs iPad gemachten Hochglanzmagazin. Mir ist die Zielgruppe nicht so ganz klar, aber es dürften wohlhabende Geschäftsleute um die 50 sein, die auch etwas technikaffin sind. Nicht dass man Technik braucht um das Magazin zu bedienen. Das geht recht einfach, wenn auch Neugier hilfreich ist um die Funktionen zu entdecken – scrollen zum Beispiel. Apropos Technik: an der Performance muss noch gearbeitet werden. Die Wartezeit beim Aufrufen von Artikel nervt und geht gar nicht. ansonsten stand eindeutig das Wired Magazin Pate. Man hat sich um interaktive Elemente bemüht, kleine Filmchen eingebunden, hat eine Portrait und eine Landscape Version (in der ich übrigens nicht in der Lage war die Prada Story aufzurufen).
Dennoch hat man ein wenig den Eindruck, das Multimedia eingebunden wurde, weil man es kann, nicht weil es sinnvoll ist (bei Wired sind die interaktiven Grafiken hervorragend). Keine Frage, Iconist ist mangels Konkurrenz die Nummer 1 der iPad Magazine in Deutschland. Aber es muss noch einiges getan werden.
Das betrifft vor allem den Inhalt. Man hätte auch einige Artikel mit Blindtext füllen können, so belanglos sind sie. Warum Natalia Avalon und David Garrett Modepüppchen spielen, ist mir schleierhaft. Die Rolls Rolls Story ist recht nett gemacht, aber ein 360 Grad Panorama wäre noch schöner gewesen.
Ich denke nicht dass es ausreicht, sinnleere Geschichten (Virtual Lookbook) um große Markennamen zu stricken, um mit Iconist Erfolg zu haben. Da geht noch mehr.

Im Übrigen stürzt Iconist gerne mal ab, vor allem beim Weiterblättern, auch noch etwas was behoben werden sollte.

Springer hätte besser daran getan, Iconist gratis oder deutlich günstiger rauszugeben. Ich hätte mich geärgert, für ein solches Testexemplar Geld auszugeben. Aber vielleicht bin ich auch nicht die Zielgruppe, was die Inhalte angeht.

Google Streetview: Es geht um staatliche Kontrolle, nicht ums Wohl der Bürger

Zunächst einmal: Dieser Artikel ist einer der besten zum Thema Streetview. http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/sprachlog/allgemein/2010-08-14/pro-google-street-view

Dann noch ein paar Anmerkungen meinerseits: Wenn Streetview keine Straßen ins Internet stellen darf, dann darf das niemand. Kein Atlas, kein Immobilienanbieter, keine TAGESZEITUNG. Man stelle sich vor, demnächst werden alle Häuser verpixelt in Zeitungen abgebildet. Denn auch Tageszeitungen verdienen mit diesen Fotos mittelbar Geld. Ich kann nämlich im Bereich Königstein der Taunus-Zeitung eine Anzeige schalten. Und wenn ich weiß, dass am Samstag Straßenfest in der Limburger Straße ist, dann schalte ich meine Anzeige am Montag, und voila, ich habe damit alle Interessierten an der Limburger Straße angesprochen. Wenn die Zeitung jetzt noch die entsprechende Software hätte, würden Anzeige und Foto und Text so auch im Internet stehen. Dass das nicht passiert hat nichts mit Zurückhaltung der Zeitungen zu tun. Wenn sie die Technik hätten, machen sie es (einige binden ja schon Google Ads ein).

Wer eine Gesellschaft ohne Werbung möchte, möge bitte einen Gegenentwurf liefern. Pauschale Verurteilungen von Gropßkonzernen ohne ein Mindestmaß an Wissen helfen wirklich nicht weiter. (siehe nochmal Artikel oben, dort auch bitte die Kommentare lesen).

Erneut stelle ich fest, dass sich die sozialistischen Länder in denen ich jetzt lebe de facto freier entwickeln als das ach so freie Deutschland (von Amerika mal ganz zu schweigen, die sind ja in manchen Bereichen noch schlimmer, wenn auch nicht bei Streetview).

Nur wil eine völlig inkompetente, karrieregeile Ministerin Aigner Amok läuft, muss man ihr nicht nachrennen. die Frau schützt keine Verbraucher, sondern nur ihren Posten und Mandat.

Der Staat will immer mehr Kontrolle über das Internet. Das sollte stutzig machen. Erst waren es Terroristen, die für die Vorratsdatenspeicherung herhalten mussten. Dann waren es Kinderpornos, die für die Internetsperren angeführt wurden. Und nun ist das Abbilden von Häuserfassaden schon eine Gefahr. Lächerlicher geht es nicht. Übrigens muss man kein Verschwörungstheoretiker sein, um ich dann noch zu wundern, warum die Amerikaner unbedingt Wikileaks verbieten möchten und in Deutschland dem Abmahnwesen gegen Blogger noch kein Riegel vorgeschrieben worden ist. Nehmen wir noch Gema und die Zeitungsindustrie hinzu, dann sieht es aus, als ob gewissen Eliten verzweifelt versuchen ihre Besitzstände gegen die Bürger zu verteidigen.
Das klingt besonders skurril wenn man in einem Land wie Laos und Vietnam lebt, in dem die Regierung bislang vorgab, den Willen des Volkes am besten zu kennen und sich nun immer mehr öffnet und dem Volk immer mehr zurückgibt.

Ausländern im Ausland: Adaptieren oder Ignorieren?

Ich bin ein Spätzünder was das Leben im Ausland angeht, aber dachte mir, wenn dann richtig: Statt Schüleraustausch in die USA oder nach dem Abi mal 4 Wochen Gutes tun in Indien, habe ich den radikalen Schritt gemacht und einfach Deutschland verlassen, um in Asien zu leben. Ein Jahr Kambodscha, 2 Jahre Vietnam, jetzt Laos. In allen Ländern trifft man natürlich andere westliche Ausländer (Ex-Pats), und es scheint so, als ob es da drei Arten gibt:

Jene, die für eine kurze Zeit im Land sind und versuchen, ihren bisherigen Lebensstil so weit wie möglich beizubehalten. Das ist auch möglich, dank Globalisierung gibt es selbst in Laos Nutella.

Dann gibt es solche, die sich sofort in den nächsten Sprachkurs begeben und so schnell wie möglich adaptieren wollen. Sie essen nur noch in billigen lokalen Restaurants, versuchen Kontakt mit Ausländern zu vermeiden.

Ich habe einen dritten Weg gewählt: Ich werde kein Laote werden, esse aber auch nicht jeden Tag Sauerkraut (eigentlich gar nicht, vom Reubensandwhich mal angesehen). Ich versuche die Sprache zu lernen, weil ich schon glaube, dass man sich in dem Land in dem man lebt zurechtfinden sollte. Außerdem erweitert die die Sprache den Erkenntnishorizont ungemein. Schon jetzt reichen meine Sprachfetzen, um mich mit den Nachbarn zu unterhalten. Dennoch schätze ich eine Pizza oder einen Rotwein. Ich mag auch saubere Restaurants und Klimaanlagen. Ich mag den Mittelweg. Es gibt nicht Schlimmeres als eine Kneipe voller Expats, aber auch nichts Schlimmeres als ein lokales Restaurant mit Karaoke.
Vietnamese Farmer
Die Welt ist nicht mehr Schwarz oder Weiß. Wer dem Laos von vor zehn Jahren nachtrauert, wo alles noch so ursprünglich war, verweigert einem Land nicht nur das Recht zum Fortschritt, sondern liegt auch falsch: Für die Menschen war es nicht schöner, sondern härter. Man sollte das immer bedenken, wenn man mit einem gewissen Zeitabstand ein Land erneut bereist. Es hat mit Respekt zu tun, dass man einem Land und seinen Bewohnern Entwicklung zugesteht. Lehmhütten im Reisfeld mögen sich auf einem Foto schön machen, aber warum dürfen die Bauern nicht in einem gemauerten Haus wohnen (das nach unserem Geschmack vielleicht kitschig aussieht, gerade in Vietnam). Aber so ist das nunmal. Es kann uns gefallen oder nicht, aber wir können nicht andere Länder verurteilen für den Weg den sie gehen. Mal abgesehen davon dass Glasbausteine auch in Deutschland mal ganz modern waren und Eternitplatten an den Häusern. Und der Haustyp Bungalow auch immer noch verwendet wird, obgleich schon sprachlich gar nichtt traditionell Deutsch.

Der Überbringer der schlechten Nachricht: Hängt ihn!

Ich frage mich, was der Hintergrund der Diskussion über Wikileaks ist: Dass die klassischen Medien mit so Internetfuzzies zusammenarbeiten müssen und so sauer darüber sind, dass sie deren Methoden in Frage stellen (und dabei vergessen, dass sie selbst eigentlich diesen Job zu erfüllen haben, aber längst nicht mehr tun).
Oder ist es das handfest Interesse der herrschenden Eliten, Geheimes geheim bleiben zu lassen (und dabei vor allem so ziemlich alles als geheim zu erklären, was man so tut)?

Derzeit sind es die Ãœberbringer der schlechten Nachrichten, die gehetzt werden. Niemand stellt endlich den unsinnigen Afghanistaneinsatz in Frage, sondern die Veröffentlichung der Dokumente, die – unter anderem – zeigen, wie sinnlos dieser Krieg ist.

Dass die amerikanische Regierung schon längst Freedom of Speech gerne anderen Ländern predigt, im Land aber gerne mal Herren in dunklen Anzügen vorbeischickt, wenn etwas nicht passt, erleben wir ja schon seit einiger Zeit. Von Irak über Afghanistan bis hin zur Ölpest: Die Regierung will kontrollieren, wer was berichtet. Dass ihnen das (noch) nicht gelingt, ist eine andere und gute Sache.

In Deutschland wäre die Steuersünder-CD so ein Fall gewesen, nur hat da die Regierung sich gleich ganz auf die Seite der Kriminellen gestellt und Diebesgut gekauft. Früher nannte man das Hehlerei.

Warum mich das so aufregt: Ich lebe seit drei Jahren in Ländern, in denen zahllose westliche Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen Einheimischen etwas über Demokratie erzählen. Über Meinungsfreiheit. Eine kambodschanische Bekannte besucht in Deutschland Journalistenseminare. Und wundert sich dann, wenn ich ihr erzähle, dass man die investigativen Geschichten in Deutschland suchen muss. Dass klassische Journalisten nicht schreiben, sondern in der Mehrheit Agenturberichte umschreiben. Das der Staat Listen erstellt, was im Internet gesehen werden darf (zunächst noch limitiert auch Kinderpornos, aber wir wissen wohin das führen sollte).

Es freut mich dass ausgerechnet die deutsche Community zu den Hauptfinanziers von Wikileaks gehört. Solche Nichtorganisationen müssen unterstützt werden.

Das Internet hat es allen Regierungen schwer gemacht. Doch während der Westen sich diebisch freut, wenn aus Burma Emails über Aufstände nach draussen gelangen, beschliesst man in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung und in Amerika den Patriot Act.