Persönliches und Nachdenkliches

Mein Vater wäre heute 74 Jahre alt geworden. Er ist vor 23 Jahren an Krebs gestorben. Mittlerweile lebe ich fast genauso lange ohne ihn wie mit ihm.

Was mich so nachdenklich macht ist, wie schnell die Zeit vergeht. 23 Jahre sind eine lange Zeit, aber es kommt mir gar nicht so lange vor. Ich habe auch nicht das Gefühl, schon 47 Jahre auf diesem Planeten zu sein. Man sagt ja dass Mittvierziger ohnehin eine verzerrte Realität haben was ihr gefühltes Alter angeht.

Wenn ich in Erinnerungen schwelge, dann ist es immer schwierig, mein Alter in den Erinnerungen zu bestimmen. Oder anders gesagt: In meinen Erinnerungen bin ich zeitlos. Sicher, als Kind war ich ein Kind, aber das Gefühl ist nicht das eines Kindes, sondern einfach nur mein Ich.

Vielleicht liegt es daran, dass ich mich in der Tat wesentlich jünger fühle als ich aussehe und bin. Ein Freund von mir, Benjamin aus Sydney, hat neulich ganz schön beschrieben wie man das Kind in sich finden und bewahren soll. Vielleicht liegt es auch an meinem Lebensumfeld: In Asien sind um die 60 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahre alt. Das heisst, ich bin nur von jungen Menschen umgeben. Vielleicht färbt das ab und hat Einfluss auf Selbstreflektion.

Ich habe mir ein Skateboard gekauft. Nicht weil ich wieder jung sein will oder jetzt in Rapperklamotten rumlaufe. Es hat einen simplen Grund: Damit kann ich mit meinen Hunden hier ein wenig Sport machen. Die können mich ziehen und es ist einfacher als mit dem Fahrrad – da laufen sie mir permanent vor’s Rad. Weil ich früher immer mit dem Skateboard zur Schule bin, ist das für mich eher ein Fortbewegungsmittel denn modisches Gadget. Mag aber von aussen anders aussehen. Gleiches gilt fürs Moped. Mag sein dass bäuchige Mittvierziger komisch aussehen auf einer Honda Scoopy-I, aber es ist halt praktisch: Man kommt durch jeden Stau und findet immer einen Parkplatz.

Ich überlege wie man Vater war als er 47 Jahre alt war. Er war anders sozialisiert, im streng katholischen Bayern aufgewachsen, als ältester Sohn mit viel Verantwortung im autoritären Elternhaus ausgestattet – an der er auch oft scheiterte. Wäre er Skateboard gefahren? Nein. Ich glaube Jeans tragen war so ziemlich das modernste, soweit ich mich erinnere. Ich weiß er war intellektuell fähig, outside the box zu denken. Aber ich glaube das Kind in ihm durfte nicht raus.

Da stellt sich die Frage, ob das an seiner Persönlichkeit lag, oder ein Zeichen seiner Generation. Natürlich hatte meine Elterngeneration weniger Freiheiten und wurde auch so sozialisiert. Natürlich sind die Eltern immer Spießer. Und natürlich gibt es Ausnahmen.

Wie schaut es bei Euch aus, liebe Leser ? Seht ihr euch alterslos? Seht ihr Euch als weise Alte?

One thought on “Persönliches und Nachdenkliches”

  1. Das gefühlte Alter wird definitiv von Deinem Umgang beeinflusst: Ich habe ein halbes Jahr in einem Projekt gearbeitet, wo nur junge Leute waren (aus Sicht eines 43-Jährigen): Viele frisch von der Uni, studierende Praktikanten, etc. Und selbstverständlich haben wir zusammen gefeiert, Sport gemacht usw. und ich habe mich sauwohl gefühlt – natürlich gibt es viele Gelegenheiten, wo einem der Altersunterschied bewusst wird, aber die Frage ist immer, wie man damit umgeht.
    Allerdings bin ich davon überzeugt, dass man eine gewisse Grundhaltung braucht, um für eine solche “Verjüngungskur” empfänglich zu sein: aufgeschlossen, neugierig, verspielt. Es gibt genügend Leute, denen das abgeht, und die werden sich in einer solchen Situation unter Jüngeren nicht wohlfühlen und dieses Lebensgefühl nicht annehmen/erleben, wie Du es beschrieben hast.
    Zum Glück, Thomas, sind wir beides Spielkinder…

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