Eben bei W&V: Holtzbrink startet germanblogs.de

Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck startet Germanblogs.de, das sich als themenorientiertes Experten-Blognetzwerk etablieren soll. Für die Konzeption und Umsetzung zeichnet das Medien- und Consulting-Unternehmen Boogie Medien verantwortlich. Zum Start verzeichnet das Medienangebot 30 Weblogs aus den Bereichen Gesellschaft, Leben, Unterhaltung, Metropolen, Sport und Technik.

Hmm, die hatten wir doch schon mal..

Damals schrieb ich:
Im Bereich Reise finde ich dort folgendes Expertenposting schön (es ging um einen Piloten,der den falschen Flugplatz anflog):
“Warum eigentlich gleich ein Drama darum gemacht wird ist mir nicht klar. Auch ein Pilot darf sich mal irren, wenn die äußeren Bedingungen schlecht sind. Man hört schließlich auch immer wieder, dass ein Flugzeug auf der Autobahn (Not-)gelandet ist. Da hat es dieser Pilot doch besser gemacht, immerhin landete er auf einem Flughafen. “

Nun, man will Qualität von Experten bieten. Ich habe einfach mal den ersten Artikel im Bereich Politik rausgenommen und poste ihn hier quasi als synaptische Vergleichsmöglichkeit im Sinne eines Zitats:

Ranglisten sind in. Doch nicht nur Hitparaden, Sportler, Universitäten und Schulen müssen bzw. wollen sich einem Ranking unterziehen, auch die dunkle Seite der Macht sucht den internationalen Vergleich – die Top Ten der Diktatoren.

And the winner is … Omar al-Bashir (im Bild). Der Titelverteidiger aus dem Sudan setzte sich auch in diesem Jahr im Ranking der Parade, einer Sonntagsbeilage vieler englischsprachiger Zeitungen, durch. Auch auf den Plätzen zwei (Kim Jong Il) und drei (Than Shwe) gab es keine Veränderungen zum Vorjahr. „Gewinner“ dieses Jahres ist Islam Karimov, der sich vom 15. auf den 5. Platz verbessern konnte. Auch Ayatollah Khamenei stieg neun Plätze und landete auf Platz neun der Rangliste, die sich auf die Berichte von Menschenrechtorganisationen, dem Freedom House Index, Reportern ohne Grenzen und ai stützt.

In diesem Jahr tauchen allerdings zwei Diktatoren nicht mehr in der Liste auf: Muammar al-Gaddafi und Pervez Musharraf. Der Grund hierfür ist aber nicht die wieder entdeckte Liebe zum Menschen, sondern dass die anderen Diktatoren einfach noch eins draufzusetzen wussten, was Brutalität und Unterdrückung betrifft.

Und das ist der Artikel, auf dem der Expertenbeitrag beruht:

Immer wieder erfrischend: Die Titelgeschichte “Die Top Ten der schlimmsten Diktatoren der Welt”, jährlich veröffentlicht in der Zeitungs-Sonntagsbeilage “Parade”. Schon ein paar Tage alt, aber nicht minder interessant.

Platz 01: Omar al-Bashir (62), Sudan, seit 1989 an der Macht
Platz 02: Kim Jong-il (63), Nordkorea, seit 1994 an der Macht
Platz 03: Than Shwe (72), Birma, seit 1992 an der Macht
Platz 04: Robert Mugabe (81), Simbabwe, seit 1980 an der Macht
Platz 05: Islam Karimov (67), Usbekistan, seit 1990 an der Macht
Platz 06: Hu Jintao (63), China, seit 2002 an der Macht
Platz 07: König Abdullah (82), Saudi-Arabien, seit 1995 an der Macht
Platz 08: Saparmurat Niyazov (65), Turkmenistan, seit 1990 an der Macht
Platz 09: Seyed Ali Khamenei (66), Iran, seit 1989 an der Macht
Platz 10: Teodoro Obiang Nguema (63), Äquatorial-Guinea, seit 1979 an der Macht

Geradezu mutig für das eher konservative Blatt sind die Plätze 06 und 07. Immerhin sind China und Saudi-Arabien geschätzte Handelspartner der USA. Der bizarrste Diktator herrscht in Turkmenistan: Saparmurat Niyazovs “Regierung” betreibt einen absurden Personenkult und verbietet unter anderem Autoradios, die Synchronisierung von Filmen und Fernsehsendungen und das Spielen von zuvor aufgenommener Musik im Fernsehen und auf Hochzeiten. Außerdem ließ Niyazov alle Nationalparks und Büchereien in ländlichen Gebieten schließen, feuerte 15.000 Angestellte des Gesundheitswesens und ersetzte sie mit unausgebildeten Militärschergen. Dazu verkündete er die Schließung aller Krankenhäuser außerhalb der Hauptstadt und ließ die Ärzte statt des hippokratischen Eids einen Eid auf seine eigene Person schwören. Mehr Details gefällig? Hier entlang, bitte.

Der Originalartikel bei Parade.com widmet jedem Diktator einen eigenen Absatz.

Was lernen wir daraus? Offensichtlich ist das Stille-Post-Spiel Qualitätsbloggen (oder Experen-Blogging). Den vom Original ausgehend nehmen die Informationen ab, bei Germansblogs bleibt nur noch die Aufzählung.

Nichts gegen flappsigen Schreibstil, aber ein wenig Gehalt muss dann schon sein (damit es auch Gehalt gibt, was ein Wortspiel…)

Besser ist da der Beitrag über die deutsche Flagge

Und gar köstlich und ein wunderbares Beispiel, wie Blogs besser sein können, ist der Fußballbericht vom Italienspiel.

Und am Artikel übers Podcasting konnte ich naturgemäß nicht vorbei. Den möge sich ein jeder selbst zu Gemüte fühen,ich bin da etwas befangen…

Fazit: Wenn wir auch noch erfahren, was Holtzbrinck an Honoraren zahlt (und wann), dann könnte das Konzept greifen. Ich glaube eh, dass es zu wenige Blogs gibt, die Themen wie Reise etc. haben.

4 thoughts on “Eben bei W&V: Holtzbrink startet germanblogs.de”

  1. Das mit den Experten hat mich da auch schon mehrmals verwundert, wenn ich da aus Neugierde mal reingesehen habe. Wenn da Experten am Gange sind sollten ja wenigstens die Grundlagen stimmen:

    Im Fussballblog wurden neulich munter England und Grossbritannien durcheinandergeworfen. Zugestanden, den meisten Deutschen ist der Unterschied England/Grossbritannien nicht bekannt. Aber jemand der sich als Fussballexperte ausgibt sollte diesen Unterschied kennen und richtig benutzen.

    Im Reiseblog war vor kurzen ein Beitrag ueber Harry Potter Locations. Da wird etwas von Orten zwischen London und Bristol erzaehlt, doch auf einmal geht es um Alnwick Castle. Das ist noerdlich von Newcastle, viel noerdlicher geht’s in England nicht mehr. Lacock ist auf einmal ein Nachbarort von Oxford, auch wenn die beiden Orte locker 60 Meilen (90km) voneinander entfernt sind (und es so einige Orte auf dem Weg dazwischen gibt).

    Dass so etwas Qualitaetsbloggen genannt wird und da auch noch Leute Geld fuer bekommen finde ich ja irgendwie faszinierend. Selbst wenn ich Interesse haette dort zu schreiben (habe ich nicht, ich bleibe auf meinen eigenen Blogs, da behalte ich wenigstens die Kontrolle), in solch einem Umfeld wuerde ich nicht schreiben wollen.

  2. Vielleicht haben wir unterschiedliche Vorstellungen vom Bloggen. Ich verstehe unter bloggen, nicht nur das verfassen eigener gehaltvoller Beiträge, sondern auch das Hinweisen auf Beiträge, auf die andere Leser vielleicht nicht stoßen würden (daher gibt es ja auch Trackbacks). Man muss das Rad schließlich nicht jeden Tag neu erfinden. Die zusätzlichen Informationen, die dir in meinem Beitrag fehlen, kann man entweder auf den Seiten der Parade (der Mutter dieses Rankings). Über Nijazov berichtete der Politikblog schon 14 Tage vorher.

  3. Dann reicht ein Link, Stefan. Aber die Genese zeigt, das eben wichtige Informationen fehlen. Meine Kritik ist aber gar nicht so sehr die am Artikel selbst, sondern am Anspruch: Experten, noch dazu von einem Konzern wie Holtzbrinck bezahlt, müssen mehr liefern als die kleinste aller Zusammenfassungen. Wenn Du das auf Deiner privaten Seite bloggst, ist das völlig in Ordnung. Aber Germanblogs hat einen anderen Anspruch. Trackbacks und Kommentare sind m.E. aber vor allem eine Möglichkeit der Auseinandersetzung, nicht allein des Hinweises. Daran kranken nämlich viele Blogs: es gibt wenig eigenen Content, sondern nur Aufgüsse (was, wie bei mir auch, schlicht an fehlender Zeit ung Geld für Recherche u.ä. liegt).

  4. Du hast ja recht. Ein Link hätte gereicht. Aber aufgrund des Layouts macht sich das etwas schlecht. Ich habe das ganze als etwas längeren Teaser verstanden. Ist aber auch eher die Ausnahme, dass Beiträge einfach übernommen werden. Und ich hoffe, dass du noch das ein oder andere Mal vorbeischaust, um dich vom Gegenteil zu überzeugen ;-).

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