Wenn die Polizei macht, was die NPD will

Ich hab heute wieder mal den Glauben an den deutschen Rechtsstaat verloren. Ich habe Fotos von einer NPD-Demo gemacht. Als ich wieder wegging – zur Gegendemo – werde ich plötzlich von der Polizei aufgehalten. Soll heißen: Plötzlich stoppt ein Polizeibus, drei Mann springen raus, rufen “Bleiben Sie stehen!” Mir wird vorgeworfen, jemanden geschlagen zu haben. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ständig waren hunderte Polizisten um mich herum. Auf dem Weg zum Polizeiauto kommt ein junger NPDler dazu. Der Polizist fragt ihn, wer denn nun geschlagen worden sei. “Geschlagen? Keiner, aber der Typ hat Fotos gemacht, Portraitfotos, das darf er nicht”, sagt der Mann. Ich frage den Polizisten, warum – nur weil ich Fotos mache – die Polizei mich aufgreift. Der Polizist sagt: “Der Mann hatte mir gesagt, der da oben läuft, halten sie den fest.” Und das hat die Polizei dann getan.

Sie nahmen meine Personalien auf und gaben sie dem Anwalt der NPD, der mir gleich mit juristischen Schritten drohte – unter anderem einer Abmahnung, wenn ich den Namen seiner Kanzlei nenne. Soweit sind wir schon: Ich darf nicht einmal den Namen nennen. Außerdem will er mir verbieten, Fotos der NPD-Schergen zu veröffentlichen. Nun kann er dass, wenn es um reine Portraitfotos geht. Nicht aber um solche von der Demo. Und die stehen gleich an mehrerern Orten – bei der Frankfurter Neuen Presse und bei Flickr (laden gerade noch hoch).

Ich denke, nur Öffentlichkeit bringt Bewusstsein. Wer demonstrieren will, muss sich zeigen – und wird gesehen. Die Nazis sind nicht eine abstrakte Gruppe, es sind Menschen, die vielleicht neben uns wohnen. Dort sollten wir ihnen entgegegen stehen.

Das ist auch ein Grund warum ich das schreibe: Denn die Polizei hat der NPD meine Personalien gegeben. Ob sie das durften? Keine Ahnung. Sie haben es getan. Der Polizist ist mir aber namentlich bekannt. Nur mal so als Schutz, sollte meinem Auto plötzlich mal die Luft aus den Reifen weichen.

9 thoughts on “Wenn die Polizei macht, was die NPD will”

  1. “Wir wissen wo Du wohnst” ist eine sehr einfache Einschüchterungsmethode. Aber das die Polizei die Adresse gleich weiter gibt, erstaunt mich sehr.

  2. Tja, ich habe dem Polizisten noch gesagt ich bin nicht einverstanden damit, aber er sagte, er müsse die Adresse weitergeben. Da der Anwalt daneben stand war das auch recht einfach..

  3. Oh ich bin mir nichtmal sicher ob das bei dem Polizisten so war. Kann sein. Kanner aber auch sein, dass er schlicht übereifrig war. Schließlich dachte er ja, ich hätte wen geschlagen, wie auch immer er darauf kam. Das lustige: Der Typ, der mir die Polizei hinterherschickte, war Sekunden vorher von der Polizei kontrolliert worden, nachdem er versucht hatte, mich am Fotografieren zu hinden. Bei der Polizei weiß die eine HAnd wohl nicht was die andere tut.

  4. Ich bin schockiert Thomas!
    Ich kann es nicht fassen, das solchen weichen Birnen auch noch von staatlicher Seite der Rücken gestärkt wird! Ich bin echt sprachlos, sicher leben wir in einem Rechtsstaat mit dem Privileg der Meinungsfreiheit, doch darf das wirklich so weit gehen, dass man diesen beschissenen Nazidreck auch noch mit Steuermitteln schützt?
    Ich hoffe wirklich, das dich dieses Pack in Frieden lässt, andereseits fände ich es durchaus angebracht das ganze nochmal (ohne Namen) bei Spiegel zu disktieren.

  5. Vor zwei Jahren teile mir ein Polizist auf einer Gegenkundgebung zu einem Wahlkampfstand der NPD unter breiter Zustimmung seiner Kollegen folgende Worte, die ich so blöd finde, dass ich sie bis heute nicht vergessen habe, mit:

    Das sind keine Nazis, das ist die NPD.

    Er glaubte, damit den Wind aus unseren Segeln genommen zu haben, oder -und das war tatsächlich der Fall- uns so baff zu machen, dass wir erst verzögert merkten, dass er dazu überging, unsere Zettel abzureißen.
    Ohnehin scheinen in den letzten Jahren mehr und mehr Ordnungshüter einen sehr eng gefassten Begriff von Ordnung und im Gegenzug eine sehr weite Definition ihrer eigenen Rechte und Pflichten zu haben.
    Kürzlich kam es zu einer Anzeige der Polizei, als Studenten nach einer Demonstration in Bochum Luftballons steigen ließen. Vorwurf: Gefährlicher Eingriff in die Luftfahrt. Nun ja.
    Im Ruhrgebiet laufen Polizisten auf Demonstrationen in der Regel in Prügelmontur auf – selbstverständlich trotz sämtlicher Berichte über Polizeigewalt ohne Namensschilder, was ich noch nie verstehen konnte. Noch nicht mal eine von außen nicht nachvollziehbare Nummer.
    Aber gut, um Polizeigewalt gehts hier ja nicht. Mich interessiert aber schon etwas, woher du den Namen des Beamten kennst.

  6. Der Beamte hat mri seine Visitenkarte gegeben, nachdem ich ihn um seinen Namen gebeten habe. Den muss er mir geben.

    Aber es geht schon um Polizeigewalt. Mir kommt immer mehr das Gefühl auf, dass sich Hinweise mehren, dass zumindest bei der Bereitschaftspolizei ein erheblicher Ermessenspielruam zugunsten einer politischen Gruppierung angewendet werden könnte – um es mal vorsichtig auszudrücken.

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