Studien sind immer gut, oder?

Wenn man nicht mehr weiter weiss, gründet man nen Arbeitskreis, habe ich in der Politik gelernt. Im Journalismus ist die abgewandelte Version: Wenn ich nix zum Schreiben habe, nehm ich halt ne Studie. Die haben WIssenschaftler gemacht, und dann ist das auch wichtig. So wie heute in der Morgenpost zu lesen:

Alkohol und Nikotin verderben die Noten
Studie: Sitzenbleiber rauchen drei- bis fünfmal häufiger – Eltern unterschätzen die Suchtprobleme

Unglaublich: Alkoholiker sind schlechte Schüler? Wow, hätte ich nicht erwartet.

Woher auch immer diese Pointierung stammt, aus der Studie selbst kaum.

Zunächst mal: Die Studie stammt aus dem Oktober 2006, und bezieht sich auf die Lebenssituation von Jugendlichen im Rhein-Neckar-Raum. Darum geht es:

Etwa 50% aller Mädchen und 22% der Jungen fühlen sich zu dick und haben bereits Diäterfahrungen gemacht, obwohl nur 11% der Mädchen und 13% der Jungen tatsächlich übergewichtig sind. Die Jugendlichen zeigen insgesamt einen hohen Medienbesitz und -konsum. Die Mehrzahl verfügt über Handy, eigenes Fernsehgerät und Computer. Erfahrungen mit Alkohol, Tabak, aber auch illegalen Drogen sind verbreitet: 16% der Jugendlichen rauchen täglich, 18% der Jungen und 10% der Mädchen trinken wöchentlich Alkohol, 15% der Jungen und 10% der Mädchen hatten bereits Umgang mit illegalen Drogen. Selbstverletzungen berichten 10% der Jungen und 20% der Mädchen. Viele Sorgen und Probleme werden von 6% der Jungen und 16% der Mädchen geäußert. Eltern unterschätzen Sorgen und Probleme, Suchtverhalten und selbstschädigendes Verhalten der Kinder erheblich. Zwischen Substanzkonsum (Rauchen, Alkohol, Drogen), selbstschädigendem Verhalten (Selbstverletzung, Suizidversuche) und anderen Problembelastungen zeigen sich enge Zusammenhänge. Häufiger Substanzgebrauch geht mit geringem Schulerfolg, vermehrten sozialen Auffälligkeiten sowie psychischen Auffälligkeiten und Problemen einher.

Der Zusammenhang zwischen Schulnoten und Drogen spielt dabei eine untergeordnete Rolle, viel wichtiger ist, wie unzufrieden Jugendliche mit sich sind.

Im übrigen stellt sich die Frage, ob diese Zusammenhänge wirklich so valide sind. Zum einen sind sie bisweilen logisch, zum anderen sei der Gegenbeweis anzutreten.

Zwischen Taschengeld und Suchtverhalten zeigen sich ebenfalls enge Zusammenhänge. Wer regelmäßig Zigaretten, Alkohol oder Drogen konsumiert, verfügt in aller Regel auch über deutlich mehr Taschengeld (vgl. Tab. 4.3-13).

ist so ein Beispiel.
Man hat dabei aber einfach die Schnittmenge aus Taschengeldhöhe und Zigaretten genommen, soweit ich das sehe.

Das Problem wird hier noch deutlicher:

Betrachtet man die Beziehungen zwischen Suchtmittel- und Medienkonsum, so zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang vor allem zum (extensiven) Musikhören.

Man kann alle möglichen Statistiken übereinander legen, ohne das es wirklich einen Zusammenhang gibt:
Radfahrer unter den Jugendlichen und die Alkohol trinken können von der Größenordnung her eine relevante Gruppe sein, ohne das es einen Zusammenhang gibt. Dennoch taucht sowas dann in einer Statistik auf.

Das soll keine fundamentale Kritik an der Studie sein, sondern eher am Umgang damit. Auch als Reminder an mich.

Betrachtet man die Beziehungen zwischen Suchtmittel- und Medienkonsum, so zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang vor allem zum (extensiven) Musikhören.