Die toten Helden der Neuzeit

Irgendwie, ich habe das glaube ich hier schon mal gesagt, haben Menschen in Deutschland ein besonderes Problem mit dem Tod. Er ist ein solches Tabu, dass wir den Tod eines Menschen zu einer solchen Privatsache erklären, dass wir nichts, aber auch gar nichts darüber sagen wollen.
Ich frage mich warum. Wenn ein Mensch stirbt, dann ist das eine Tatsache, und eine normale dazu. Menschen sterben. Jung, alt, im Mutterleib oder im Bett. Manche sterben von eigener Hand, manche von fremder. Natürlich ist das ein Verlust und darf oder gar muss uns traurig machen.
Wenn Menschen besonders jung sterben, ist das besonders tragisch. Ist es aber ein besonderes Geheimnis? Was ist der Unterschied zwischen “entschlief mit 95 Jahren friedlich im Kreise seiner Familie” und “erlag einem Krebsleiden mit 40 Jahren” oder gar ” nahm sich mit gerade mal 30 Jahren das Leben”. Für mich ist das gleich. Den Toten kümmert es wenig, die Verwandten wissen es ohnehin. Warum dürfen es die Freunde nicht wissen?
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Scham bisweilen eine Rolle spielt, vor allem bei einem “Frühableben”. Es wird schon mal als Makel empfunden, als etwas ausserhalb der Norm. Und/Oder man will es nicht wahrhaben.

Zu viele Freunde haben sich zu früh verabschiedet. Einer durch einen Autounfall. Gut dass ich die Umstände kannte – seitdem (ich war 16) fahre ich entweder oder ich trinke Alkohol, aber nicht beides zusammen. Andere brachten sich um, und auch daraus habe ich gelernt, nämlich dass es es nicht wert ist, auch wenn die Zeiten noch so schlecht sind. Wieder andere hatten Krebs, was ein Ansporn für mich war und ist, gesünder zu leben.

Es ist uns geradezu in die Gene gelegt, aus Fehlern anderer zu lernen. Das erklärt die Neugier an Unfällen, an Katastrophen, an Todesfällen. Wir lernen daraus (zum Beispiel wie man einen Tsunami erkennt).
Wer sich empört, wenn man nach der Todesursache fragt, heuchelt Pietät. Wenn mir ein Mensch wirklich wichtig war, will ich auch wissen woran er gestorben ist. Ich finde das persöhnlicher und ehrlicher als ein reflexartiges RIP getwittert.