Ich poste hier mal den gleichen Beitrag, den ich fürs JEP-Blog geschrieben habe:
Es kann schon kaum einer mehr zählen, wieviele Nichtregierungsorganisationen in Phnom Penh ansässig sind. Eines haben sie alle gemeinsam: Ausländisches Personal, das selten die Landessprache spricht. Und hier kommt Norbert Klein ins Spiel: Er übersetzt seit 1997 zunächst wöchentlich, dann täglich, die großen Geschichten der kambodschanischen Zeitungen ins englische. “Es geht darum, zu zeigen, wie bestimmte Geschehnisse hier in der hiesigen Presse gesehen und dargestellt werdenâ€, sagt der 73jährige Deutsche, der schon seit 17 Jahren in Kambodscha lebt. Adressaten sind Entwicklungshelfer, Regierungsstellen, Botschaften.
Der “Mirror†hatte lange Zeit auch einen kambodschanischen Ableger. Darin sammelte Klein die wichtigsten Stories der Zeitungslandschaft und schickte sie, in praktisches DIN A 4 Format gepackt, in die Provinzen. “Damals war der englische Dienst kostenpflichtig und finanzierte damit auch die Khmer-Ausgabeâ€, sagt Klein. Doch schließlich reichte die Finanzierung nicht mehr, Klein musste den kambodschanischen “Spiegel der Gesellschaft†aufgeben und den englischen Dienst auf eine Internetausgabe umstellen. Unter cambodiamirror.wordpress.com gibt es täglich einen Aufmacher kambodschanischer Zeitungen und einige Ãœberschriften übersetzt.
Klein selbst war bisher weniger den Ausländern zugeneigt, sondern den Einheimischen. Er war es, der die erste Internetverbindung aufbaute, und gemeinsam mit dem Open Forum und dem Open Institut und einigen Kollegen schuf er fast unglaubliches: Khmer-Versionen von Programm wie dem Mozilla-Browser, dem Emailprogram Thunderbird, eine Linux-Version und ein komplettes Open-Office. Voraussetzung war der Khmer-Unicode. “Damit es eine einheitliche Definition von Schriftzeichen in der Computerwelt gibt, wurde der Unicode geschaffen, eigentlich ein Industriestandard. Wer weist jedem Buchstaben einen Code zu.†Damit bekamen die Computernutzer in Kambodscha zunächst ihre Schrift, dann ihre Programme. Für sein Engagement wurde Klein vor wenigen Tagen vom kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen ausgezeichnet.
Norbert Klein mit der Urkunde, die er vom kambodschanischen
Ministerpräsidenten erhalten hat. (Foto: Wanhoff)
Die Presselandschaft in Kambodscha ist vielfältiger als man meinen mag. Etwa 4 Tageszeitungen in Khmer, dazu 15 Wochenzeitungen. “Insgesamt sprechen wir von 200 registrierten Publikationenâ€, sagt Klein. Darunter auch solche, die Parteien gehören oder die Regierung täglich bejubeln. Im englischsprachigen Bereich gibt es Cambodia Daily, eine NGO-basierte Tageszeitung und die Phnom Penh Post, die ebenso wöchentlich erscheint wie die französischsprachige Cambodge Soir – alle übrigens nicht im Internet zu lesen. Da ist Klein Vorreiter mit dem Mirror: Den gibt es gratis, und man kann ihn auch als Feed abonnieren. “Das spart mir Kosten und ich kann – da ich zurzeit alleine bin und kaum Einnahmen vorhanden sind – so den Mirror aufrecht erhalten.†Klein behält das Prinzip der reinen Ãœbersetzung (übrigens mit Einverständnis der Zeitungen) bei. Damit macht er sich auch unangreifbar – schließlich gibt er nur weiter, was andere schon gesagt oder geschrieben haben. “Wobei aus allen Zeitungen täglich die eine große Geschichte auszuwählen schon schwierig istâ€, sagt Klein.
Dennoch: Der Spiegel ist eine Art Lebensaufgabe für ihn – und deshalb macht er weiter.
Nachtrag:
Wie schnell es mit der Lizenz für eine Zeitung zu Ende sein kann, zeigte jetzt die Regierung am Beispiel von Khmer Amatak. Die hatten berichtet, ein Vertreter einer der Regierungsparteien hätte an einer Schule ein Schild ausgestauscht, auf dem der Name eines Schul-Unterstützers der Opposition gestanden hatte und dann ein Schild mit seinem Namen aufgehängt. Der Beschuldigte widersprach und verlangte eine Gegendarstellung. Das fordert auch das Informationsministerium. Die Zeitung selbst verwies auf das Pressegesetz und den Gerichtsweg. Das schien das Ministerium wenig zu interessieren und sie entzog der Zeitung zunächst fuer 30 Tage die Lizenz. Lizenzen und Betriebsgenehmigungen sind in Kambodscha ein beliebtes Mittel für die Regierung, formal dort einzugreifen, wo sie es inhaltlich eigentlich nicht dürfte.
Liebe Zeitungen: Gerne dürft ihr diesen Artikel veröffentlichen: Gegen Honorar!