Ausge-Chefredakteurt – Neuer Journalismus

Stefan Niggemeier ist einer derer, die verdienstvoll zuammengetragen haben, was manche Journalisten noch immer nicht verstehen: Wie Journalismus in den nächsten Jahren sich verändern wird.

Die Zeiten, in denen Medieninhalte von einer kleinen, relativ homogenen Gruppe von Leuten produziert wurden und dem großen Rest nur das Rezipieren blieb, diese Zeiten sind bald endgültig vorbei. Das Publikum wird in Zukunft bestimmen, wann und in welcher Form es Medieninhalte konsumiert, es wird in einen viel stärkeren und öffentlicheren Dialog über diese Inhalte eintreten, und es wird selbst zum Produzenten von Inhalten.

Ob Citizen Journalism oder Leser-Selbstbestimmung: Auf jeden Fall werden sich Medien mehr einfallen lassen müssen, wollen sie ihre Kunden halten.

Ich hoffe mal, dass dann auch die Tage der Agenturhörigkeit gezählt sind, eine Angewohnheit, die vor allem auch aus Bequemlichkeit herrührt – und in einigen Chefredaktionen schon deshalb gefördert wird, weil man dann kein eigenes Profil entwickeln muss. Das trifft dann überregionale Zeitungen mehr als regionale, die ihre Leser ohnehin des Lokalbuchs wegen haben (und damit eigentlich schon weiter sind in Richtung Zeitung 2.0)

Besonders gut gefällt mir in dem in der Sonntagszeitung erschienenen Artikel dieser Absatz:

…Das kann man schon wieder als eine alarmierende Aussage und das Ende aller professionellen Standards sehen. Doch im deutschen Fernsehen sind professionelle Standards längst gleichbedeutend mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner, unbedingter Massentauglichkeit und Innovationsfeindlichkeit. Je mehr das Fernsehen dadurch zu einem durchformatierten Medium wie dem Radio wird, das eigentlich nur nebenbei zu konsumieren ist, um so größer ist der Bedarf an aufregenden Alternativen. Das Internet wird sie bieten…

Meine These: Standards in kreativen Berufen sind der Tod aller Kreativität. Bestimmte Dinge muss man auch in Frage stellen – zum Beispiel, wie ein Wissenschaftsbeitrag im Radio gemacht wird. Muss das wirklich die immer gleich klingende tiefe Männerstimme sein, die in immergleich betonender Stimmlage den Text vorliest? Nein. Da geht mehr.

In diesem Zusammenhang sei auf in Interview mit Klaus Meier verwiesen, der in Darmstadt Onlinejournalismus lehrt. Der sagt dann Sachen wie

In der Tat gelten Online-Medien oft noch als zweitklassig, denn das crossmediale Denken ist in Deutschland noch sehr unterentwickelt. Der Journalist sollte aber nicht mehr monomedial denken, sondern muss immer stärker überlegen, für welches Medium, für welchen Ausspielkanal er eine Geschichte am besten nutzen kann. Man wäre schlecht beraten, Online-Medien da nur als Zweitverwerter zu sehen. Im Gegenteil, ihre Inhalte erreichen das Publikum ja vor der Fernsehsendung oder der Tageszeitung.

Was zweifelsohne richtig ist, gleichwohl aber nicht in die Gehirne der Leiter der Redaktionsstuben Einzug gehalten hat.

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