20 Thesen und Gedanken zum Thema Podcasting und Weblogs

Aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen, soll im Internet unter dem Vorsitz des ehrwürdigen Thomas, über die folgenden Sätze disputiert werden. Deshalb bittet er die, die nicht anwesend sein und mündlich mit uns debattieren können, dieses in Abwesenheit schriftlich zu tun. Im Namen unseres Herrn Jesu Christi, Amen. (frei nach Luther)

Die Thesen:

РKaum ein Mensch h̦rt Podcasts, kaum einer liest Weblogs
– Wer Zeitungen liest und Medien verfolgt, glaubt das Gegenteil
РH̦rt aber trotzdem keine Podcasts und liest trotzdem keine Weblogs

Suche nach Gründen:
1. Zuviel Selbstbeschäftigung, zu wenig Orientierung am Kunden

2. Fehlende echte Vernetzung: Sie geschieht in der Blogsphere weniger thematisch als unter Freunden. Das hat den Effekt, dass man als neuer Blogger meist draußen bleibt. Beispiel: Die aktuelle Liste der Business-Blogs. Beissholz ist kein Business-Blog, wird aber trotzdem als solches ganz weit oben geführt (nichts für ungut Nicole!) Podcaster vernetzen sich noch weniger.

3. Dominanz der Top Ten: Die meist gelesenen Blogs verlinken meist sich selbst, was sie wiederum bedeutender macht. Bei Podcasts sind es einige etablierte, die einen hohen Aufmerksamkeitswert haben, die viele Hörer haben.

4. “Viele” Hörer und “viele” Leser ist angesichts der Auflagenzahlen von Zeitungen und Hörerzahlen von Sendern immer noch ein Witz.

5. Die Nischen sind noch zu klein und erreichen sebst das Nischenpublikum nicht.

6. Derzeit scheinen sich Blogger und Podcaster weniger aufs Schaffen neuen frischen Contents für ein Massenpublikum zu konzentrieren denn auf das Halten des Status quo. Das äußerst sich in einer gewissen Selbstzufriedenheit – soweit bin ich gekommen, das reicht mir. Und verdeckt die Tatsache, dass wohl mehr einfach nicht drin ist.

7. Blogs und Podcasts sind die Zukunft, aber die hat offenbar noch längst nicht begonnen

8. Erst wenn die letzte Webseite wie ein Blog geführt wird und die letzte Radiosendung auch als Podcast vertrieben wird, werden wir sehen, dass wir recht hatten.

9. Dennoch steht die Euphorie der Blogos- und Podosphäre in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Relevanz. Die großen Geschichten sind in deutschen Blogs noch nicht geschrieben, Referenten bemühen immer noch Jamba als Rechtfertigung.

10. Wir brauchen mehr gute und aktive Blogger und Podcaster und weniger solche, die sich vornehmlich mit der Bloggen und Podcasten per se beschäftigen. Gewiß, sobald das Geld im Kasten klingt, können Gewinn und Habgier wachsen.

11. Blogs und Podcast benötigen offenbar noch mehr Medienmacht, um wahrgenommen zu werden. Aber wie sollen sie die bekommen?

12. Es gibt derzeit kein wirklich gutes Argument, warum Blogs besser als Zeitungen und Podcasts besser als Radio sind (Ja, sie haben den Anspruch, das Argument sie hätten ihn nicht, zählt nicht..).

13. Private Podcasts und Blogs haben – bis auf wenige Ausnahmen – kaum eine Chance, über eine gewisse Grenze an Hörern und Lesern hinaus zu kommen. Diese liegt bei Podcasts bei 1200 +/- 100.

14. Wenn also das die neuen Medien schon SIND, dann wird unser Volk wohl doch dumm sterben.

15. Sollten sie es aber WERDEN, dann brauchen wir eine andere Sprache. Blogs sollten bei einem interessanten Thema bleiben und nicht mal privates, mal Tekkie-Kram und dann wieder ein launiges Kulturthema bringen (Spreeblick ist wegen seiner herausragenden und blog-mainstreamigen Stellung für den Grimme Online Award nominiert, nicht weil es das beste aller Konzepte ist. Die meisten Leser aus der Nicht-Blogwelt verstehen gar nicht, was dort geschrieben wird.) Podcasts ebenso.

16. Wenn Windows Vista kommt, wird alles gut.

17. Darum weg mit allen jenen Propheten, die predigen: “Web 2.0, Web 2.0”, und ist doch kein Web 2.0.

Die Thesen 18. bis 20. können gerne in den Kommentaren geschrieben werden.

Ich bin dann erstmal in Urlaub….

19 thoughts on “20 Thesen und Gedanken zum Thema Podcasting und Weblogs”

  1. @schnurr:

    wuerde ich nicht so sehen – bzw kann ich es mit sicherheit behaupten – viele meiner kollegen zum beispiel lesen blogs – aber keiner von ihnen ist selber blogger – aber natuerlich kommen die meisten traffics von anderen bloggern – sehe ich auch in der statistik – da gebe ich dir schon auch recht…
    ——————

    und thomas: einen wunderschoenen urlaub ;.) bis bald…

  2. Podcasts widersprechen den Gewohnheiten der Webnutzer. Im Internet wird grundsätzlich quergelesen, man will mit möglichst wenig Zeitaufwand möglichst viele Informationen einsammeln. Podcasts kann man nict “querhören”, man muss wohl oder übel von Anfang bis Ende zuhören. Das tut im Internet kaum jemand.

    Daher sehe ich für Podcasts auch in Zukunft nur eine kleine Hörerschaft.

  3. these 18.: die blogleser müssen erst noch heranwachsen. deutsche tun sich ja eher schwer damit, ihre gewohnheiten zu ändern, von daher (und unter berücksichtigung des demographischen faktors) bleiben die blog-leser und blogger (äquivalent, bzw. in kleinerer anzahl: die podcast-hörer und podcaster) noch ein paar jährchen in der minderheit

  4. – Ich lese viele Weblogs, höre aber keine Podcasts. Warum sollte ich, ich höre auch kein Radio. (Ich höre auch per pedes unterwegs grundsätzlich nie Musik oder medial Gesprochenes)

    – Nur eine Handvoll Menschen können vorlesen. Oder öffentlich ordentlich UND hörenswert sprechen? Und wieviele davon bloggen? Und welche dieser Blogs lese ich gerade zufällig? EbenD.

    – Ich glaube auch nicht unbedingt, was in Zeitungen steht oder im Fernsehen berichtet wird. Medien sind meist anderen Zielen verpflichtet. Und interessanter und wichtiger ist meist das, über das bezeichnenderweise nicht berichtet wird.

    – Nein, ich kann tatsächlich auch mit Hörbüchern absolut nichts anfangen.

    – Und was haben Blogs mit Zeitungen zu tun? Und Podcasts mit Radio? Genau: Sie haben gemeinsam, dass es sie rein akzidenziell in der gleichen historischen Epoche gibt.

  5. Das artikuliert recht gut meine Gedanken der letzten Wochen.
    Beim Start meines eigenen Blogs/ meiner eigenen Website hab ich mir auch gedacht, wie bekomme ich einen echten Nutzen für die Leute auf meine Site. Man muss sich an den Lesern orientieren. Entweder man entscheidet sich eindeutig für eine gewisse Nische – da gibt es schon gute Ansätze, oder man möchte möglichst viele Leser haben – dann muss man diesen aber einen Mehrwert und ein klares Konzept anbieten. Podcasts sind vor allem durch die immer noch recht niedrigen Ãœbertragungsraten bei den meisten Usern sowieso vom Start weg benachteiligt. Die wenigsten, mich inklusive, laden gerne 50 MB Dateien herunter ohne eine Preview o.ä. zu haben. Sie machen sich einfach nicht die MÃœHE Podcasts zu laden. Die wenigen, die das tuen, sind eine Nische. Streaming dagegen funktioniert immerhin bei einigen mehr, man wartet nicht lange.

  6. Blogs sind ein neues Phänomen, das nicht ohne weiteres mit den Zeitungen oder dem Fernsehen verglichen werden kann. Es stimmt zwar, dass die überwältigende Mehrheit aller Blogs (für mich) sehr langweilig ist und die “erfolgreichen” Blogs sich hauptsächlich untereinander und mit dem Bloggen beschäftigen, was auch nicht besonders spannend ist. Aber, das Gebiet ist durchaus ausbaufähig.

    Warum ich veröffentliche hat aber einen anderen Grund: Es ist eine leichte und angenehme Art, sich auszudrücken. Ich freue mich natürlich, wenn jemand bei mir liest, so wie ich mich auch freue, ähnlich Gesinnte physisch zu treffen, aber der primäre Grund ist, dass ich mich frei ausdrücken kann.

    Und hier liegt IMO der Wert des Bloggens und des Internets überhaupt. Jedes Individuum kann sich frei ausdrücken, kann die Quelle seiner Informationen selber aussuchen und kann sich selber – im günstigsten Fall – mehr entfalten. Das Bloggen ist also ein Ausdruck des individuellen Menschen, obwohl gerade Mainstream-Blogs und Internet-Gurus wieder alles auf “eine Linie” bringen wollen. Ich denke, dass ihnen das nicht gelingen wird. Auch nicht in Deutschland, das gewissermaßen eine Diaspora des Bloggens ist.

  7. 10. Wir brauchen mehr gute und aktive Blogger und Podcaster und weniger solche, die sich vornehmlich mit der Bloggen und Podcasten per se beschäftigen.

  8. Bezüglich der Podcasts gebe ich Lothar & Stefan absolut recht. Ich persönlich lese lieber, als das ich höre um so etwas neues zu erfahren oder zu lernen. Wobei dann bei den Podcasts oft noch die Qualität zu wünschen übrigen lässt.

    Auch von mir ‘nen schönen Urlaub ;o)

  9. “Blogs und Podcasts sind die Zukunft….”
    “Erst wenn die letzte Webseite wie ein Blog geführt wird …, werden wir sehen, dass wir recht hatten.”

    – Jedes Format ist für was anderes gut. Blogs rauschen voran, das Hinten, die Pflege, die Linkaktualisierung etc. bleibt auf der Strecke. Für größere zusammenhängende Projekte sind Wikis erheblich besser geeignet. z.B.

    – Auch Podcasts haben ihren begrenzten Zweck. Manche Einschränkung ist hier in den Kommentaren genannt. Die schlechte Zitierbarkeit kann man noch hinzufügen. Wie zitiert und verlinkt man ein Podcast inhaltlich? Tippt man beim Hören mit oder macht man Soundausschnitte? Wo’s ums Hören geht, sind Podcasts Spitze. Fürs Auge natürlich Video.

    ***

    “Wir brauchen mehr gute und aktive Blogger und Podcaster und weniger solche…”

    – Wir brauchen gar nicht. Was es nicht gibt, muss man eben selber machen. Und was es gibt, kommt entweder an bei seinem Publikum oder nicht. Und vieles dient wirklich nur privaten Zwecken. “Wir brauchen…” allenfalls, wenn wir ein bestimmtes Ziel erreichen wollen – welches denn? Und wer sind wir?

    ***

    “Wenn also das die neuen Medien schon SIND, dann wird unser Volk wohl doch dumm sterben.”

    – Medien machen ohnehin nicht klug. (Dahinter steckt der kluge Kopf, er springt nicht heraus.)

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    “Blogs sollten bei einem interessanten Thema bleiben und nicht mal privates, mal Tekkie-Kram und dann wieder ein launiges Kulturthema bringen…”

    РWozu? Um als ordentliche Profiformate wahrgenommen werden zu k̦nnen? Um Leute, die bedudelt werden wollen, zu befriedigen? Lassen wird das doch Springer, Bertelsmann, Holtzbrinck, Pro7 & Co machen. Oder um Geld zu verdienen? Dann auf! liebe BWLer, hier ist die Gabel, wo ist der Kuchen?

    – Das spannendste Thema scheint ohnehin das Bloggen selbst (gibt es Podcasts About Podcasting?). Das bloggt man immer erfolgreich im Sinne des Erfolgs auf dem Aufmerksamkeitsmarkt. Drum hab ich jetzt so viel getippt.

  10. ute, wenn du dir die Thesen durchgelesen hast, dann siehst du sicherlich, dass ein Großteil davon nur Spekulationen und ungenaue Tatsachen sind – meine Aussage spiegelt auch nicht mehr wieder 🙂

  11. web 0.2! web 0.2!
    Ich stimme zu. Das ist gegenwärtig nicht 2.0, vielleicht nichtmal 1.0.

  12. Hi,

    zunehmende gesellschaftliche Fragmentierung -> individuellere Medien -> höherer individueller Nutzen.

    Abgesehen davon, daß die deutschen Medien aus Angst vor der vermeintlichen “Re-amateurisierung” und dem damit einhergehenden angenommenen Sinken des Marktpreises für veröffentlichte Meinung ein wenig unreflektiert einen Blog/Pod-Hype veranstalten ist doch alles in Ordnung.

    Letztlich wird hier nur die US Debatte von vor ein paar Jahren wiederholt. Das ist nichts als eine Frage der Marktentwicklung. Kommt Zeit kommt Rat.

    Schon im Frühjahr 2003 habe ich mit dem norwegischen Blogger Björn Staerk die Frage dsikutiert

    http://www.tapsmusic.de/aad/archives/2003_02.php#000760

    , warum es sowenig deutsche Blogger gibt – hat sich auch ein wenig geändert. Blogs sind für deutsche wohl aufgrund ihrer Schwarmeigenschaft schwerer verdaulich als z.B. Wikipedia – (Does relative size matter?)

    http://fistfulofeuros.net/archives/002034.php

    Aber der Gesamtmarkt und damit die Gesamtmedienstruktur (und die Finanzierungsstruktur) wird sich anpassen. Ist alles ein nur Frage der Zeit.

  13. Als ich mach mir ja auch so meine Gedanken zu diesen Themen. 😉

    Meiner Meinung nach fehlt es den Podcasts noch an den geeigneten massentauglichen Geräten. Jetzt werden sich sicherlich Einige fragen, “Was meint der, es gibt doch den iPod!”. Was ich meine ist eine Gerätegeneration die unterwegs ständig mit dem Internet verbunden ist und RSS-Feed abfragen kann. Man stelle sich ein “Autoradio” vor, dass die aktuellen Verkehrsnachrichten als Podcast empfängt; Oder ein iPod ähnliches Gerät, dass ebenfalls unterwegs die neuesten Podcast-Episode lädt und zum hören bereitstellt!

    Das ist die technische Seite, auf der Content-Seite sehe ich eine extreme Spezialisierung. Die (erfolgreichen) Podcasts der Zukunft widmen sich einem Thema und das in kurzen und dafür immer top aktuellen Häppchen. (Natürlich professionell gemacht.) Eine neue Gerätegeneration wird es ermöglichen Podcasts in die eigenen laufenden Playlists zu integrieren, und das völlig flexibel. So das z. B. der Verkehrs-Podcast ein laufendes Lied unterbrechen darf, aber die neuesten Apple-Gerüchte nur zur vollen Stunde in die Playlist eingebaut werden. 🙂

    So sehe ich jedenfalls die Zukunft von Podcasting & Co.

    Würde mich freuen auch ein paar Kommentare zu dem Beitrag Web-Design2.0 auf meiner Website zu erhalten.

  14. ja @schnurrb… keine einwaende . ich kann nur sagen, dass ich gestern u heute mal 2 pod´s vollstaendig gehoert habe . u zwar von “4 nasen tanken super” – aber auch nur deswegen, weil ich heiko kenne u auf die spontanen gespraeche der 4 neugierig war/bin – und waehrend ich mich anderen dingen am rechner zuwenden kann, ist es ja kein problem dies im hintergrund laufen zu lassen – hingegen bei einem blogeintrag ist es wohl unschwer moeglich, beides zu tun – so “multitasking” bin ich auch nicht ;.)

  15. Hallo
    Ist ja alles sehr interessant und teilweise auch war, aber ich möchte ein Weblog nicht für die große Masse machen. Ich brauche keinen Erfolg. Ich würde es zu anstregend empfinden in den “Top10” zu sein. Das brauche ich nicht. Wenn mir etwas einfällt, das es wert ist aufgeschrieben zu werden, dann schreibe ich es auf. Wenn es jemand mag und es kommentiert ist es gut. Wenn nicht dann nicht.

    Ich möchte mich keinen Erfolgsgarantien und Zwängen unterwerfen.

    Ich bin ich.

    Gruss
    Gunnar

  16. Hallo, ein kleines Reply aus dem Urlaub:
    @Gunnar: Warum schreibst Du das dann nicht in Dein Papietagebuch? Ich glaube nicht, das jemand was öffentlich sagt, es ihm aber egal ist, obs gelesen wird.

    @pixells: genau das dürfte der Punkt sein. Es gibt noch keine Geräte, die eben so einfach sind wie ein TV.

    @tobias: ich wage mal die These, dass Blogs auch in de USA noch überbewertet werden. Die meisten Menschen lesen keine Blogs, nur eine intelektuelle Elite. Das ist das Problem.

    @schnurrbart: deine erste Aussage teile ich.

    @dirk: doch, medien machen klug. wer denn sonst? man kann jetzt drüber streiten, was alles medien sind. aber ohne die wirst du nicht mal wissen, wer dich gerade regiert.

  17. @Thomas
    Du hast vollkommen Recht. Ich muss meine Geschriebenes revidieren. Ein öffentliches Weblog ist natürlich dafür da um Diskussionen anzustossen, wenn nicht bräuchte man es auch nicht zu führen.

    Ich gebe mich geschlagen. 🙂

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