Auf vielfachen Wunsch und weil versprochen, meine große Zusammenfassung zum DLD07:
Ich denke es hat wenig Sinn, die Panels abzufeiern, ich möchte das anhand einiger Zitate und Gedanken machen, die mir aufgefallen sind (und den Weg in mein schickes Gmund-Büchlein gefunden haben)
Zum Beispiel der oft gehörte Satz: “All companies become Internet companies”.
Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht: Selbst das kleinste Restaurant kann per Qype ins Internet gelangen, ohne selbst etwas zu machen und ist damit zumindest auch im Internet vertreten. Ich mahne nur an daran zu denken, das man im Internet weder Brot backen kann noch ein Auto bauen. Es ist eine technische Plattform für den Austausch von Informationen, mehr nicht. Diese mag Pflichtprogramm sein für jede Firma, aber sie ist nicht alles.
Das kam in einem kleinen Scherz zutage, der auf dem Panel gemacht wurde, auf dem ein Lufthansa-Vertreter saß und der gegen die ganze Web-2.0-Posse ankämpfen musste:
“You dont really want beta-airplanes”
Dazu passte auch Luc Besson: “No one will ever watch a movie for its technology”. Soll heißen: Die Story ist wichtig. Gilt im übrigen auch für Webseiten von Verlagen: Die Inhalte sind es, die den Erfolg ausmachen, sei es Sex oder Politik. Schicke Tools alleine bringen nichts.
Ein anderer Satz von Nichola Negroponte: “There are no boders anymore”
Das ist wichtiger als es klingen mag: Es gibt keine Möglichkeit einer Kontrolle mehr, man kann Zensur versuchen, wird es aber langfristig nicht durchsetzen. Das betrifft auch staatlichen Einfluß auf anderen Ebenen, siehe die Frage, ob eine Zeitung eine TV-Lizenz braucht wenn sie im Internet sendet. Oder andere Gesetze, die auf einer weltweiten Handelsplattform einfach keine Anwendung mehr finden können. Die Juristerei der Staaten ist eben nur für Staaten gemacht, für die Juristen ist das Internet eine Horrorvorstellung. Ich kenne das Problem vom Podcasting: Was in den USA erlaubt ist, kann hier verboten sein, weil bornierte Menschen bei der Gema nicht verstehen, das Künstler weltweit tätig sind.
Im übrigen nannte er Nationalism a desease, was ich nur unterschreiben kann.
Katharina Fake von Flickr sprach vom “Sunset of the Web”, weil man vielleicht bald keine Bowser mehr braucht, sondern Endgeräte hat, die Webinformationen zum Beispiel mobil verarbeiten. Mag sein, aber ich bin nichts der Freund einer Einzellösung. Eigentlich müsste ja auch Email schon tot sein (in USA kann man das übrigens fast schon sagen angesichts der Verbreitung von IM-Diensten).
Zum Thema Marken und Brands gab es auf dem Panel “Where is the audience?” interessante Gedanken. Einer “Google gives no emotion and no brand”. Die große Chance für kleine Leute ist, bei Google nach oben zu kommen. Die große Chance der Marken ist, das mit Image zu kompensieren. Das bedeutet aber eine starke Marke zu sein und vor allem Vertrauen zu schaffen, gerade auch weil der Kunde kritischer wird und höhere Ansprüche stellt.
Dave Morgan beschrieb das Problem so: Er hatte einen billigen Flug gebucht aber wohl seinen Ausdruck verloren und wusste plötzlich gar nicht mehr bei wem er gebucht hatte, weil er nur auf den Preis schaute. Es gibt keine Bindung für ihn zu der Firma.
Andere beklagten ein “terrific lack of leadership”, das Kräften Auftrieb gäbe, die eine “Bottom-up-leadership” präferieren. Das mag nach Sozialismus klingen, ich nenne es echte demokratische Teilhabe. Kritischen vielschichtigen Journalismus dank Blogger, große Märkte dank Ebay, Kulturaustausch durchs Blogs und – ja, das meine ich ernst – Tauschbörsen.
So und quasi als Fazit ein paar Thesen:
Social media und User generated content sind keine Inhalte von Verlagen und großen Firmen, sondern schlicht Inhalte von jedermann. Das heißt: eigentlich brauchen wir keine Verlage mehr, wir können das selbst machen.
Computer und Web sind nur Hilfsmittel und kein Selbstzweck, auch wenn einige von dieser Scheinwelt gut leben können.
Video im Web ist nicht die Zukunft, sondern eine Möglichkeit zur Unterhaltung/zur Bildung. Kein next big thing, sondern eher die Möglichkeit einer Marktverbreiterung
Audio kommt aus der ist in einer Nische und bleibt dort auch , aber durchaus erfolgreich.
Meine Vorstellung einer Macht von unten ist, dass sich Menschen per Internet zu Clustern (auch Schwärmen) zusammenfinden können, schnell und ohne großen Aufwand, und als solche etwas bewegen, um sich dann wieder anderen Dingen zuwenden zu können. Wie Fischschwärme, die mal groß sein müssen, um Räuber abzuwehren und dann wieder klein, um sich hinter einem Blatt verstecken zu können. Die Flexibilität der Individuen, gepaart mit einer nicht berechenbaren Geschwindigkeit und der Möglichkeit, große Netze zu bilden, sollte den Großen der Branche zu denken geben.
Der Satz der alles zusammenfasst kam von John Naisbitt: Whatever the future holds its nothing if there is no joy.