Das vorneweg: Ich bin ein Atomkraftgegner nicht weil ich den Kraftwerken misstraue, sondern weil es kein Entsorgungskonzept gibt. So. Jetzt zu Japan.
Ich habe den Eindruck dass manche – auch deutsche Medien – eine Katastrophe herbeisehnen. N-TV ist ganz groß darin, halbe Wahrheiten als Breaking News zu vermelden. aber auch andere deutsche Medien wie ZDF und ARD vergessen jegliche journalistische Sorgfalt und Verantwortung, weil sie schneller sein wollen als “der Kurznachrichtendienst Twitter“, wie neulich zitiert wurde. Das Ergebnis sind Hamster-Geigerzählerkäufe. Und Reiseabsagen: Ganz Asien beginnt, wo es so gut aussah auf der ITB, schon wieder ein Problem mit Touristen zu bekommen, weil man in deutschen Medien keine Einschätzung geben kann, wie weit es zwischen Bangkok und Tokyo ist und was Strahlung überhaupt ist.
Mir geht es nicht darum etwas zu verharmlosen. Auch nicht darum, die Verantwortung von TEPCO kleinzureden. (Ich verste nicht warum a) die japanische Regierung nicht per Gesetz in solchen Fällen übernimmt und b)keine Roboter zum Einsatz kommen). Es geht darum, das man
– verstehen muss, das Katastrophen nunmal Katastrophen sind und wie Menschen nicht alles kontrollieren können. Das bedeutet auch, das selbst ein Worst Case Szenario noch übertroffen werden kann. Da hilft es aber nichts, zu jammern, sondern es gilt zunächst das Problem zu lösen (und für die wirklich Betroffenen zu beten/zu hoffen)
– als halbwegs gebildeter Mensch, der ein Journalist ja sein soll, Dinge in Relation setzt und erklärt. Und zwar in der Ãœberschrift und nicht in irgendeiner Box drei Seite weiter. Bei der FAZ lese ich gerade so was”Im Großraum Tokio wächst die Sorge vor einer radioaktiven Wolke.” Ja, doch das Problem was die LEute in Tokio gerade wirklich haben ist dass Hamsterkäufe die Läden leer gemacht haben. Das ist die größte Sorge. Zumal es nicht einmal eine Radioaktive Wolke gibt. Oder der Spiegel: “Fotostrecke: Die Hoffnung schwindet”. Ich glaube nicht das die Japaner die Hoffnung aufgegeben haben. Nicht die die ich kenne. Ich frage mich nur ob der Spiegel-Praktikant -Redakteur einen kennt. (wobei es bei der Zeile eigentlich gar nicht um den Reaktor gehlt, sondern um Ãœberlebende des stunamis. Macht sich aber trotzdemgut unter den Atom-Links). Oder “50 Mann sollen Japan retten”. Das ist miese Stimmungsmache, in Japan werden die als Helden gefeiert. soll halt der Spiegel-Chef dorthin und helfen. Zeitonline: “Innere Hülle von Reaktor 3 vermutlich beschädigt”. Aha, neuerdings sind es also Vermutungen, die für eine Headline taugen. “Zeitonline vermutlich Ãœberschriftengetrieben” wäre passender. Was Strahlungswerte angeht, empfhle ich diesen Link.
– gerne die deutsche Regierung für das Rumgeiere kritisieren darf und soll, aber bitte dabei bedenkt dass in der gleichen Zeit in Japan Menschen inständig hoffen, dass alles gut wird. Und im ürbrigen, wie es jemand getwitter hat, man einmal überlegen soll, was das Worst Szenario für die deutschen Medien ist.
Das ist nämlich, wenn die Radioaktivität weiter abnimmt wie bisher, die Reaktoren weiter abkühlen wie sie das bislang tun und in einem Monat zwar die Kraftwerke Schrott sind, aber die Menschen wieder in ihre Häuser können (sie sind übrigens vorsorglich evakuiert worden, was ja auch richtig ist). Wie nennt man eine Industrieanlage, die einem 8,4 Erdbeben (so stark war es wohl an Ort und Stelle), einem Tsunami, 2-3 Explosionen und zwei Bränden, ausgefallen Kühlsystemen und einem weitgehenden Verlust der direkten Kontrollsysteme standhält, und dabei zwar zu großen Teilen zerstört wird, die Gefahr einer Strahlungskatastrophe aber gebannt wurde. Wie gesagt, wenn. Wir wissen es nicht. Ich persönliche hoffe inständig, dass es so sein wird.
Die Lage in dem Kraftwerk in Fukushima wird immer schlimmer und in der ganzen Welt beten Menschen für die Menschen vor Ort. Aktuell macht die eine Twitternews einer Tochter die Runde: Der Vater hat sich für den Einsatz in Fukushima bereit erklärt und setzt so sein eigenes Leben für viele andere Menschen aufs Spiel. Jetzt gibt es auf actionforchange.org eine interessante Diskussion, wie man selbst agieren würde. Würde der Mensch sein eigenes Leben riskieren für eine große Zahl unbekannter Menschen?