Da gibt einen Menschen namens Thilo Thielke, der offensichtlich in Asien herumreist und für SpOn Geschichten schreibt. Jetzt war er in Phnom Penh und hat etwas entdeckt, das er wohl für so aussergewöhnlich hält, dass eine eine Geschichte drüber schreiben muss: Einen Deutschen, der ein deutsches Restaurant aufgemacht hat. Was ein Brüller.
Nun hat er sich ausgerechnet das Edelweiss in Phnom Penh ausgesucht, nicht gerade die beste Adresse. Er hat sich nicht das (deutsche) Art Cafe ausgesucht, dessen Besitzer regelmäßig Kammerkonzerte anbietet, Kambodschanern Musikunterricht gibt und auch noch Musikfestivals organisiert. Oder das Riverside Bistro. Nein, es muss das Edelweiss sein, gerne auch mal als Prollkneipe bezeichnet und Treffpunkt für solche, die nicht mal mehr zurück nach Deutschland können.
Schauen wir uns doch mal diesen Qualitätsjournalismus genauer an:
Globalisierung mit Fleischkäse
Superüberschrift. Kaum entdeckt ein Deutscher Bekanntes was ausserhalb Deutschlands, ist es Globalisierung und was Besonderes. Investigativ.
Fast wie zu Hause: Im Kneipenrestaurant “Edelweiss” in Phnom Penh werden Fleischkäse, Weißwurst und Bockwurst mit Sauerkraut kredenzt. .
So wie in tausenden anderen deutschen Restaurants in der Welt. Man stelle sich vor, ein italienisches Magazin würde so über eine Pizzaria schreiben.
Es ist Weißbierzeit in Phnom Penh. Bei Ulli Zdrzalek trudeln langsam die ersten Gäste ein. Ãœber dem 65-jährigen Gastwirt flattert eine weiße Plane mit dem Kneipenlogo leicht in der Abendbrise, die jetzt vom Fluss Mekong herüberweht: “Edelweiss / Pizza – Gemüsesuppe – Kassler – Weißwurst – Leberkäse – Linsensuppe – Erbsensuppe.”
Ich habe Ulli Zdrzalek vor allem als lauten, ungehobelten Menschen erlebt, dessen Benehmen definitiv zeigt, dass der Mann sich im Rotlichtvirtel Phnom Penhs wohl fühlt.
Die Speisekarte zeigt: Gezahlt wird im “Edelweiss” wie vielerorts in Phnom Penh in Dollar, nicht in der einheimischen Währung Riel.
In GANZ Kambodscha wird in Dollar gezahlt, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen.
Kambodscha erwacht zum Leben. Seit einigen Jahren geht es schon aufwärts mit dem 14-Millionen-Einwohner-Land, das viele immer noch hauptsächlich mit dem Genozid der maoistischen Roten Khmer verbinden.
Tatsächlich erwacht vor allem die Geldgier der Regierung. Der Lebensstandard der Menschen hat sich wenig verändert, vor allem auf dem Land. Hun Sens Regime hat sich quasi das Land unter den Nagel gerissen und verkauft was zu verkaufen ist. Investoren meiden das Land, weil vor allem die Landrechte nicht geklärt sind. Es gilt als eines der korruptesten Länder der Welt.
Über zwei Millionen Touristen zieht es mittlerweile jährlich hierher.
Ja, aber der überwiegende Teil sind Koreaner, die in koreanischen Hotels schlafen, koreanische Busse benutzen und sogar koreanische Wasserflaschen kaufen. Unn sie sind vor allem in Siem Reap. nicht in Phnom Penh.
Dazu jede Menge Entwicklungshelfer – der Staatshaushalt des Landes wird immer noch zur Hälfte mit Hilfsgeldern gefüllt, allein für das Jahr 2009 wurden von der großzügigen Gebergemeinschaft 951 Millionen Dollar zugesagt.
Wäre es nicht einmal eine Geschichte für den Spiegel, wenn man schon einen Reporter da hat, sich um dieses Geld zu kümmern und wo es denn hingeht? Wie die dicken fetten Autos der NGO-Countrydirektoren, ihre Nannys und Gärtner bezahlt werden?
Und auch immer mehr Unternehmer wagen langsam das Abenteuer. In den vergangenen Jahren waren die Wachstumsraten der kambodschanischen Wirtschaft fast immer zweistellig.
Unsinn. Im Moment gehen Unternehmer raus aus Kambodscha, weil es zu unsicher ist. Und die Wachstumsrate liegt beim GDP bei 7 Prozent.
“Eine gute und konservative Wirtschaftspolitik” sei in dem Land praktiziert worden, schreibt Alexander Hirschle, Südostasien-Experte von “Germany Trade and Invest”, einer Gesellschaft, die sich der Förderung der deutschen Außenwirtschaft verschrieben hat. Er spricht von einem kleinen Wirtschaftswunder “in einer der weltweit dynamischsten Wirtschaftsregionen”. Und es gibt eine Menge Menschen, die der festen Ãœberzeugung sind, dass Südostasien die derzeitige Weltwirtschaftskrise noch am ehesten meistern wird – weil sie hier so fleißig sind, so flexibel und so billig.
Noch größerer Unsinn. Kambodscha ist wirtschaftlich vollkommen abhängig von Thailand und Vietnam. Es hat weder eigenen Strom noch eigenes Öl. Ohne Thailand hätte man kaum etwas zu essen. Von Textilfabriken und Bodenschätzen abgesehen hat es nichts zu bieten. Es wird kaum in Infrastruktur investiert, vor allem weil die Regierung kaum Interesse daran hat, das Land zu entwickeln und die Menschen zu bilden.
Deutsche Touristinnen habe er schon weinen sehen, weil sie auf ihrem Trip nach Südostasien immer nur Reis serviert bekamen.
Auch das ist nichts Neues. Übrigens ist das Schnitzel im Riverside Bistro wesentlich besser und der Kartoffelbrei auch. Warum eigentlich werden in dem Artikel keine anderen deutschen Restaurants erwähnt?
… liebsten dort, wo die mandeläugigen Frauen herkommen. Asien kannte er schon seit Beginn der siebziger Jahre als Tourist, irgendwann hatte er sogar eine Thailänderin geheiratet. Doch die machte sich in Deutschland aus dem Staub.
Ja, so sieht er auch aus. Man nennt diese Leute auch gerne Sexpats!
Dann, endlich, packte er selber seine Siebensachen: “Ich wollte da leben, wo andere Urlaub machen.” Sein erstes Ziel war Pattaya, die Bordell- und Bademeile in Thailand. Doch da wurde es ihm schnell zu laut und überfüllt, und außerdem gab schon jede Menge deutscher Broilerbuden, Grillstuben und Biertränken. Ein Jahr blieb er, dann zog er mit seiner Geschäftsidee weiter ins vergleichsweise beschauliche Kambodscha.
Kambodscha ist kleiner und wesentlich weniger entwickelt als Thailand, gleichwohl ist ein deutsches Restaurant nichts aussergewöhnliches und die Lage an der Riverside nun auch nicht gerade eine ruhige Ecke – das ist Phnom Penhs Kneipenmeile!
Nebenbei beraten sie Touristen, wenn die nicht wissen, wo die nächste Apotheke ist oder ein Arzt. Schließlich wütet in Kambodscha die Malaria. “Ein hohes Risiko besteht in den meisten Landesteilen”, warnt das Auswärtige Amt, extrem hoch sei die Gefahr im Norden und Westen
Jetzt wird’s aber gefährlich. In Kambodscha “wütet” keine Malaria. Es gibt Malariagebiete, aber dort kommt kaum ein Tourist hin. Wenn es eine Krankheit gibt, die man sich hier fängt, ist es Denguefieber. Und die nächste Apotheke ist beim FCC um die Ecke (U-Care). Da geht eigentlich jeder Tourist einmal vorbei, auf dem Weg zum Nationalmuseum.
Draußen beginnt langsam der allabendliche Trubel. Auf Phnom Penhs Partymeile öffnen die Kneipen. Touristenströme ziehen palavernd vorbei. Vom legendären “Foreign Correspondents’ Club”, gleich nebenan, schallt Gelächter herüber. Tuk-Tuks hupen. Der Lärm mischt sich mit deutscher Volksmusik. Die Globalisierung ist in Kambodscha angekommen.
Die Globalisierung ist in Kambodscha sicher nicht mit einem deutschen Restaurant angekommen. Sie ist mit 2 Apple-Stores angekommen, mit WIFI in jedem Cafe, mit einem schicken Adidas Shop am Norodom Boulevard oder Barbie bei Monument Toys (das ist der Laden in dem ich gearbeitet habe) und Nokia Telefonen und schlicht mit einem Flughafen. Wie in jedem anderen Land der Welt.
Lieber Thomas.
In allen Punkten stimme ich Ihnen ausnahmslos zu. Lediglich zu ergänzen, wünsche ich mir ein kleines Detail über die Qualität der Deutschen Küche in PhnomPenh:
Wer hierher reist um die Deutsche Küche zu genießen verpasst aus meiner Sicht einiges. Auch wenn die kambodschanische Küche von dem Ergebnis der Küchen aus Thailand Welten entfernt ist so würde ich als gelernter Commis de cuisine der Bühler Höhe Baden-Baden keines Falls das Ulis Domizil an erster Stelle erwähnen. Seine kulinarischen Ergebnisse sind keinesfalls so schlecht wie sein Humor oder gar sein Benehmen, nicht zuletzt gegenüber der eigenen Famile,…nein, es ist eßbar…mehr aber sicher nicht. Nicht weit entfernt, ebenfalls an der Riverside befindet sich PhnomPenh-Happy Pizza (ähnliche Namen in unmittelbarer Nachbarschaft). Wer Wert auf Deutsche Bekanntschaften und Deutsches Essen sucht wird hier fündig. Wer hier jedoch auf das Schnitzel verzichtet und stattdessen ein grünes Curry oder den Amok (Fish oder Chicken…beides eine Empfehlung) wird nicht enttäuscht.
Mit den Besten Wünschen
Frank