Seit 2008 ist der Streit zwischen Thailand und Kambodscha um den Preah Vihear Tempel heftiger geworden. Auslöser war die Anerkennung als World Heritage Site. Schon in den 60er Jahren hatte die UNO den Tempel formal Kambodscha zugesprochen. Problem dabei: Von Kambodscha ist die auf einer 500 Meter hohen Klippe gelegene Anlage nicht zugänglich.
Ich war 2005 dort, und war überascht wie professionell die Thais die Anlage gemanegt haben – und vor allem von Minen befreit haben.
2008 kam es dann zu ersten militärischen Auseinandersetzungen. Ich wohnte damals noch in Phnom Penh und habe mitbekommen, wie eine Nation stolz den Thais versuchte Widerstand zu leisten. Da das korrupte System in Kambodscha sein Geld zwar der Elite zuschiebt, nicht aber den Soldaten, fuhren viele Kambodschaner an die Grenze um den Soldaten Essen zu bringen.
Jetzt sind die Streitereien erneut eskaliert, es geht (auch) um die umliegenden Hindu-Tempel. Doch eigentlich geht es um etws ganz anderes als das Kulturerbe. Es geht um Geld und politischen Einfluss.
Kambodscha hat in Siem Reap gelernt wie man aus ein paar Ruinen Geld macht. Das einzige Fischerdorf an der Tempelanlage Angkor Wat ist zur Cash Cow des Landes geworden, ein Grossprojekt nach dem anderen entsteht dort. Ähnliches verspricht man sich auch von Preah Vihear: Als Weltkulturerbe sind Einnahmen quasi garantiert. Vor allem auch, weil viele Touristen Angkor Wat schon gesehen haben und neue Orte suchen. Kambodscha würde dort gerne mehr Tourismus entwickeln. Dumm nur, das bisher keine Infrastruktur vorhanden ist, kein Hotel, nicht mal eine geeignete Strasse.
Thailand hat die Tempelanlage in den vergangenen Jahrzehnten gepflegt und gewartet, vor allem aber von kambodschanischen Minen befreit. Der Tempel ist einer Attraktion für Reisende auf dem Weg ins Isaan-Gebiet. Das will man sich nicht nehmen lassen, und am liebsten auch nicht die umliegenden Tempel. Thailand sieht sich zu recht als der Stärkere, zumindest was militärische und wirtschaftliche Kraft angeht. Kambodscha ist wirtschaftlich abhängig von Importen aus Thailand.
Nun hat der Streit aber auch eine handfeste politische Komponente. Thailand ist im Innern seit Jahren gespalten, beide politischen Lager bewegen sich keinen Deut. Premierminister Abhisit ist der Tempel eine willkommene Gelegenheit, von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken.
Kamboschas diktatorischer Ministerpräsident Hun Sen nutzt den Streit aus den gleichen Motiven. Er führt sein Volk in einen Krieg gegen das ungebliebte Thailand, da vergessen viele, dass er es ist, der thailändischen Investoren grosse Teile des Südwestens des Landes verkauft hat. Von seinem repressiven und korrupten System einmal abgesehen. Der alte Mann ist auch schlau genug zu wissen dass es niemals wirklich zu einem Krieg kommen wird. Er hat weder die Ressourcen noch die geringste Chance. Aber er geniesst die Aufmerksamkeit der internationalen politischen Bühne.
Wenn ich hier in Phnom Penh, wo ich gerade weile, mit einfachen Menschen wie einem Mototaxi-Fahrer spreche, dann ist das Thema Preah Vihear in aller Munde. Manche sorgen sich, manche sagen nur “have problem with Thailand”, manche aber auch haben einen nationalitischen Ton wenn sie sagen “it is Cambodian temple, Thai cannot keep it”. Ich bin überrascht wie tief in die zumindest städtische Bevölkerung der Konfilkt eingedrungen ist. Ob das Propaganda ist oder ein tatsächlich grösseres Interesse an politischen Themen, kann ich nicht beurteilen.