Heute vor genau einem Jahr bin ich in ein Flugzeug gestiegen und war seitdem nicht mehr in Deutschland. Ein Jahr genau lebe ich jetzt (am Stück) in Asien. Zurückgelassen habe ich sehr liebe Menschen, aber ich habe auch neue Freunde gefunden, zunächst in Kambodscha und jetzt langam auch hier in Vietnam. Skype und andere Internetkommunikation lassen mich ja in Kontakt bleiben. Etwas überrascht waren wir über recht wenige Besuche, aber andere Expats sagen uns das ginge ihnen ähnlich. Gibt es Vorbehalte oder gar völlig falsche Vorstellungen gegenüber Vietnam oder Südostasien?
Was Deutschland angeht, hält sich mein Heimweh in Grenzen. Ja, einige Menschen vermisse ich, aber das Land weniger. Asien ist einfach zu schön. Es ist aber vor allem das Neue, das ich immer wieder entdecken kann hier. Sei es die Herausforderung, ein Restaurant zu finden, den täglichen Starkregen abzuwarten um einzukaufen oder das erste Mal spät abends mit dem Moped nach Hause zu fahren. Wir erleben hier jeden Tag neue Herausforderungen, und das macht das Leben hier so spannend. Kleine zwar, aber die bringen eben die Abwechslung ins Leben.
Ich meine mich gut eingelebt zu haben in Asien, auch wenn ich manchmal immer noch verzweifele, wenn in einem Restaurant etwas nicht vorhanden ist, obwohl es gerade beworben wird, oder plötzlich jemand aus einer Ausfahrt herausschießt ohne zu schauen. Aber das kann mir auch in Deutschland passieren, vielleicht nicht in der Häufigkeit.
Was mir am meisten gefällt, ist die Internationalität. Ich bin nicht ausgewandert, um Asiate zu werden. Es geht um den Austausch der Kulturen. Dank Englisch (eine wirklich gute Erfindung) können wir mit Menschen aus aller Welt reden, unsere Geschichten erzählen und deren erfahren, neue Sichtweisen bekommen und alte verteidigen, Gutes und Schlechtes in neuem Licht betrachten.
Manches hinterfrage ich stärker, wie die Notwendigkeit von Regeln (es braucht mehr hier und ihre Durchsetzung), oder Disziplin (nicht vorhanden), der Begriff der Freiheit und wie weit sie geht im täglichen Leben. Das fängt bei politischer Freiheit an und hört bei sexueller Freiheit auf. In beidem ist Asien deutlich zurückhaltender. Nicht nur von Staats wegen, sondern auch was die Menschen betrifft. Sie reden nicht viel über Politik oder freien Sex. Ersters kann gefährlich werden, letzteres passt nicht zu einer doch konservativen Gesellschaft, in der recht jung geheiratet wird, ein Kind kommt und dann noch ein zweites oder drittes. Probieren kann man weder Politik noch Sex, außer Händchen halten im Park. Aids ist ein großes Thema hier, weil eben gerade die Männer gerne in die Karaoke Bar gehen und Kondome nicht gerne verwenden.
Sauberkeit ist noch ein anderes Thema. An den Orten, an denen wir uns meist aufhalten, ist es außerordentlich sauber. Das sind Restaurants, Bars, Cafes, Parks. Wir essen nicht von Straßenständen (selbst die Regierung warnt davor) und schwimmen nicht im Fluss. Gerade in der Gegend um unser Haus wird Müll noch gerne weggeworfen, auch in den kleinen Weiher. Bis hierhin reicht der Arm des Gesetzes noch nicht, auch wenn die Kommunalverwaltung um die Ecke residiert. Es dauert lange, bis ein Dekret aus Hanoi in Than Tuan Tay umgesetzt wird. Aber insgesamt ist Saigon eine saubere Stadt (Ho Chi Minh City ist der offizielle Name, aber man darf auch Saigon noch verwenden).
Ich habe es nicht bereut, nach Asien gegangen zu sein. Ein Jahr ist noch recht kurz, um eine langfristige Prognose abgeben zu können. Im Mai werde ich erstmals wieder nach Deutschland fliegen,bis dahin fließt noch viel Wasser den Mekong hinunter.
Ich kann nur jeden, der bisher mit Asien so gar nichts anzufangen wusste, empfehlen, mal herzukommen. Ich gebe gerne Tipps zum Reisen.