Derzeit hypt ja Second Life, und auch die Berichte über Manager-Treffen in World of Warcraft liest man bisweilen gerne. Während WoW eher für reine Kommunikation genutzt wird, soll Second Life ein neues Business Modell sein (was ja WoW eigentlich schon ist).
Nun, werde ich demnächst im SL-Supermarkt einkaufen? Nein. Warum nicht? Weil ich dem Käse nicht ansehen kann, ob er er schimmelig ist oder schon hart. Weil ich an manchen Geschäften eben die Beratung schätze, die persönliche. Für typische Internetkäufe (Buch bei Amazon, Speicherriegel beim Computeruniverse, Zugkarte bei Bahn.de) brauche ich kein Second Life. Da will ich spielen. Mal abgesehen davon, dass die Bahn Lichtjahre brauchen würde, ihr System zu implementieren. Und auch in WoW will ich keine T-Shirts für mich, sondern Rüstungen für meinen Krieger kaufen.
Ich denke, man sollte nicht den Fehler machen, eine zweite Identität mit der Hauptidentität gleichzusetzen und Verhaltensweisen zu übertragen. Natürlich gibt es Hardcore-WoW-Spieler, die irgendwann nicht mehr aufhören können. Aber das sind wenige. Die meisten sehen das als Hobby, dem man sich zwar mit viel Zeit und Engagement und auch Geld widmet, aber das verändert nicht ihr ganzes Leben. Ich habe 2005 in Anaheim die härtesten der harten kennen gelernt und ja, sie haben noch ein Sozialleben. Die von mir so gerne zitierten Rosenzüchtern haben das auch noch, ein Leben außerhalb der Rosenzucht.
Statt jede neue Web-Entwicklung gleich zum unabwendbaren wichtigen Teil unseres Lebens zu machen, sollten wir mal überlegen, wie ein paar mehr Leute als wir Web-ZwoNullies das nutzen. Robert Basic hat neulich schon darüber geschrieben, dass wir quasi im Elfenbeinturm sitzen. Er sieht den Anfang einer Entwicklung, die dann irgendwann in der Masse enden wird.
Ich bin da etwas vorsichtiger, weil leider nicht alles, was gut ist, sich auch durchsetzt. es gibt auch andere Faktoren, wie Preis, allgemeinen Lebensstandard, Notwendigkeit. Man sehen sich die LCD- und Plasma-Fernseher an: Viele sind Schrott was das Bild angeht, werden aber immer wieder gekauft.
Umso gefährlicher ist es, wenn jetzt Studien und Umfragen aus dem Boden sprieße, die belegen sollen, was nicht belegt werden kann: Das mit dem Internet jetzt alles anders wird. Wenn die New York Times mehr aufs Internet setzt, dann kann sie das leichten Herzens, weil sie so viele Zugriffe hat, dass es sich definitiv lohnt. Aber gerade die Social-Web-Menschen sollten wissen, dass es eben kleine Unterschiede gibt und die Großen nicht immer ein gutes Beispiel für die Kleinen sind.
Ob Forrester oder Wunschel: Es macht keinen Sinn, Podcasting zu untersuchen, wenn es sich fast monatlich ändert, der Begriff Download nicht einmal hinreichend erklärt wird und tatsächliche Downloadzahlen gar nicht erhältlich sind. Und selbst wenn: es sind so verschwinden wenig, dass nur viel Marketing-Bla-Bla notwendig ist, um das Groß zu machen.
Ich denke, wir sollten versuchen, die Dinge vor allem einfacher zu machen: Ich kann das nicht, ich bin kein Programmierer. Aber um Podcasting und Weblogs größer zu machen, muss es einfacher werden und massentauglich. Im übrigen meine ich damit die technische Voraussetzung, nicht den Inhalt. Ich glaube nämlich, dass die Menschen wieder mehr Inhalte wollen. Sie sind nur zu bequem, sie zu suchen. Dabei sollten wir ihnen helfen.
Sollte hier ein WoW-Fan mitlesen: Ich bräuchte da mal Hilfe..
Weil Robert ein Netter ist, hab ich ganz schnell ganz viel Hilfe bekommen! Danke!