Category Archives: Journalismus

Die toten Weblogs

Hugo E. Martin hat mich drauf gestoßen, was der von mir sehr geschätzte Bernt von zur Mühlen im Medienboten geschrieben hat:

Die Lebenserwartung der Mehrheit von Weblogs ist gering. Nur die wenigsten überstehen den Moment der euphorischen Einrichtung im Netz. Wie der angefangene Jogging-Sport, der abgebrochene Zigaretten-Entzug oder der gute Vorsatz zum neuen Jahr. Im Netz stapeln sich Tonnen von angefangenen Weblogs, die bereits wenige Tage nach ihrer Einrichtung schlecht riechen und dann in den Zustand der Verwesung übergehen. Kuscheltiere des Internets. Web-Leichen. Ohne Verpflichtung zur Entsorgung.

Richtig. Es gibt Datenmüll. So kann man das nennen. Man könnte es eben auch als eingefrorene Kommunikation sehen. Als Online-Antiquariat. Warum – vom literarischen oder künstlerischen Aspekt einmal abgesehen – sind die Tagebücher des Promis X. auch 20 Jahre nach seinem Tod noch wichtig, ein Weblogeintrag aber nicht?

Es geht nicht um tot oder lebendig, sondern darum, was drinnen steht. Ein Blog muss nicht weitergeführt werden. Es kann eine Momentaufnahme bleiben. Nur verschwindet diese nicht, sondern bleibt für alle archiviert. Das ist nicht wirklich neu. Neu ist die Masse der Blogs. Sie pauschal als Lifestyle oder Hype abzutun, greift zu kurz. Ein Teenagerblog ist ein Teenagerblog. Wird das Mädel 18, mag es vielleicht nicht mehr bloggen. Und?

Im übrigen: Wir müssen keine Blogs lesen, und schon gar nicht alle. Wir sind frei in der Entscheidung. Das ist wie Fernsehen: Bevor ich mich über Pilcher im ZDF aufrege, schalte ich halt um auf arte.

Geldmaschine Fußball – Hackmann for Innenminister

Ich bin nun wirklich kein Fußballfreund, eher das Gegenteil. Und deshalb übrrascht es mich selbst wenig, wenn schreibende Kollegen zunehmend erkennen, dass Fußballvereine, so sie im Ligafußball unterwegs sind, längst keine Veeine mehr sind, sondern raffgierige Unternehmen, denen kaum noch etwas heilig ist.

Was die FIFA alles schützen wollte
, zeigt, wie unverschämt da vorgegangen wird.

Interessant ist auch ein Beitrag bei Freitag17:

So wird die Deutsche Fußball-Liga (DFL) mit Beginn der Spielzeit 2006/7 die Bildproduktion in den Stadien der ersten und der zweiten Bundesliga durch eine Tochterfirma übernehmen. Journalistisch bedeutet das, es existiert zukünftig kein Fernsehbild mehr, das nicht vom Veranstalter selbst produziert und damit auch kontrolliert wurde. Schon in den letzten Jahren sorgte das Regelbuch, mit dem die DFL die übertragenden Sender reglementierte, für Einschränkungen der Berichterstattung. Laut gibt das keiner der Redakteure, Reporter und Regisseure zu. Man will ja die Freundschaft zur DFL und damit die Fernsehrechte nicht gefährden.

Was FIFA und DFL veranstalten, ist eine Form der Informationsdiktatur, die unerträglich geworden ist. Die Pressefreiheit wird ausgehöhlt, die Meinungsfreiheit im übrigen auch, wenn es nach der FIFA geht. Redeverbot für Beckenbauer, Auschankverbot für alles außer Becks und Bud, Zeigeverbot von Fußballveranstaltungen, Fotoverbote in den Stadien, Verbote, Verbote, Verbote. Warum machen wir Herrn Blatter/Herrn Hackmann nicht gleich zum Innenminister?

WM-Tickets als geldwerter Vorteil und eine merkwürdige Googlenachricht

Wer WM-Tickets geschenkt bekommt, beispielsweise als Journalist, muss die als geldwerten Vorteil behandeln – sprich versteuern. Das sagen mir handwerk.de und Steuernetz.de.Naja, ich abeite da ja auch, werde also hier schon eine Geschichte ankündigen über “Wie Fans aus dem Stadion ihren Freunden berichten…”. Dazu muss ich nunmal auch ins Stadion.

Bei dieser “Recherche” entdeckte ich dann eine Merkwürdigkeit:

Suche ich in Google nach “wm-tickets geldwerter vorteil”, kommt neben einigen Treffern diese Meldung:

Aus Rechtsgründen hat Google 3 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über diese Rechtsgründe finden Sie unter ChillingEffects.org.

Weiß da jemand was mehr? Bisher betraf das doch eher Nazis und Kinderpornos…

Renner bringt es auf den Punkt

Tim Renner in der Welt (Christiane hat mich drauf gebracht):

“Selbst bei den Jugendradios gibt es zum größten Teil nur noch altbekannte Hits, Neues dagegen kaum. Bei den meisten sind 500 Titel in der Rotation, früher waren es in der Regel mehr als 4000. Und diese Menge kann man heute locker auf einem iPod speichern.”

Und auch Jan Weyrauch (youFM) ist schlauer:
“Ich glaube, daß sich Radiomacher darüber bewußt sein müssen, daß es mit dem Abspielen für den größten gemeinsamen Nenner nicht mehr getan ist”, sagt Weyrauch.

Danke. Schön, dass das auch mal Große sagen. Unsereiner Podcaster muss ja immer noch erklären, dass die Zeiten der reinen Massenkommunikation vorbei sind und die so genannten Nischen eben auch unser Leben abbilden.

DFB abgeschaltet

Da hat N24 ganz schnell eben abgeschaltet, als nach der Klinsi-PK zum Fitnesstest dieser oberunsympathscie PR-Mensch des DFB noch die versammelte Journalistenschar zum Supertermin einer Firma lotste, bei der irgendeine Frau irgend ein T-Shirt dem Bundesfussballtrainer übergab. Danke, N24. Diese elende PR-Show des DFB für seine Sponsoren ist ja kaum noch zum Aushalten.

Zeitungen auf dem Weg ins Internet

Weil es mich ja gleich aus zwei Gründen bewegt, möchte ich hier auf ein Blog hinweisen, dass ich über Heiko gefunden habe: Zeitungen auf dem Weg in die Online-Welt: Kommentare und Kurzanalysen
Interessant dabei ist – neben anderen – der Beitrag über Zeitungen und Foren.

Internet-Foren sind mittlerweile ein fester Bestandteil der meisten Nachrichten-Sites. Oberstes Ziel der Foren ist in vielen Fällen ein wesentlicher Beitrag zur Leserbindung.
Wird dieses Ziel erreicht?
Schaut man auf die Aktivität solcher Foren, so muss dieses in vielen Fällen bezweifelt werden. Auf vielen der Foren hat ein wesentlicher Teil der registrierten Nutzer nie auch nur einen Beitrag verfasst (bis zu 62% in meiner Analyse). Und auch die sonstigen Nutzer sind nicht viel aktiver.

Recht hat Matthias Kretschmer. Allerdings besteht die Gefahr, registrierte User mit Lesenden zu verwechseln. Denn von der Zahl der Leserbriefschreiber kann man bei uns auch nicht auf die Auflage schließen.

Vielmehr sollten Foren verstärkt in die redaktionellen Beiträge eingebunden werden.

Und genau daran scheitern viele Printredaktionen. Leider werden Onliner immer noch mehr als technische Redaktion wahrgenommen denn als inhaltliche. Und ich selbst habe oft genug die Frage gehört “Was hat Print davon?” Es geht also gar nicht um den Leser. Leider vergessen Chefredakteure oft, dass sie nicht Papier verkaufen, sondern Informationen. Und Print hat nun mal einen Zeitpunkt, an dem die Informationsflut zu Ende ist – den Redaktionsschluss. Was gut ist, weil Print sich dadurch auch auf seine analysierende Aufgabe konzentrieren kann, während die Onliner – bisweilen auch leider – weiter den Nachrichtenstrom copy und pasten.

Nehmen wir an, die meisten Onlineleser kommen tagsüber währen der Arbeit auf unsere Seite: Wenn Sie aktuelle Nachrichten bei uns lesen, und dann noch morgens in der Zeitung erfahren haben, dass Sie bei uns übe den Einbürgerungstest diskutieren können – wunderbar. Nur muss das auch die Printredaktion gut finden und entsprechend unterstützen, also auch am Tag drauf erste Beiträge abdrucken.

Das Argument, die Leser seien zu alt fürs Internet lasse ich nicht gelten – das mag auf einige zutreffen, aber die bekommen ja dann am nächsten Tag auch wieder was aus dem Internet zu lesen.

Liebe Spiegel-Leute!

Ihr müsst nicht unbedingt meinen Reisepodcast erwähnen, wenn ihr eine Geschichte auf Spiegel Online über Reisepodcasts macht. Ich bin da bescheiden. Aber in eine Geschichte über Reisepodcasts nur einen deutschen zu nennen, ist dann doch etwas wenig, oder?

Zwei Klicks, und schon gibt es eine tolle Liste:

Wo ist Amerika?
Podcast und Blog über unsere Freunde “von drüben” aus dem Land dort drüben. Wer Amerika …

Big City Life
Stefan und Steve berichten über die Hotspots in Wien und Hamburg. Welche Bar, welcher Clu …

Ayurveda-Podcast
Gunnar Thoermers sprudelnde Infoquelle rund um die alte indische Heilkunst Ayurveda.

Geheimtipp Deutschland
Reisetipps für Ziele in ganz Deutschland. Das Weite suchen und das Reizvolle in der Nähe …

SWR International
Das multikulturelle Team der Fachredaktion betreut die breite Palette von Themen aus dem G …

GEOaudio: Hören und Reisen
Der GEO-Podcast: Spannende Hintergrundgeschichten, Interviews mit GEO-Reportern und Expert …

Einen Tank voll Abenteuer – Motorradweltreise
Videopodcast über meine Weltreise mit einer Yamaha tt600R.

Avigo – Podcast
Der akustische Reiseführer von Avigo

und mehr….

Aber klar, das kostet Zeit, dann muss man auch noch reinhören, dann isses doch einfacher, so ne Pressemitteilung abzuschreiben und dann noch ein wenig Pro-Forma-Kritik reinzuschreiben:

Die sprachliche und technische Qualität der Hördateien ist allerdings teilweise dürftig. Zwar artikuliert sich die Sprecherin der Beiträge verständlich und nuanciert, doch offenbart sie manchmal Schwierigkeiten mit der Aussprache. So scheint sie einen Hang zum Lispeln zu haben.

Wie könnte ihr eigentlich bei so umfangreicher Recherche zu dieser Aussage kommen:

Noch sind die Travelpods also ein Nischenphänomen, das nicht mit den ausführlichen, tiefgehenden Informationen eines guten Reiseführers konkurrieren kann.

Nun, dummerweise sehen das sogar die Kollegen von Geo anders. Das sind die in dem grünen Kasten auf Eurer Reiseseite. Die machen nämlich auch einen Podcast. Und woher wisst ihr, ob die Inhalte meiner Sendung nicht ausführlich und tiefergehend sind?

Demnächst bitte etwas ausführlicher und tiefergehend! (Dann wisst ihr bald auch, dass ein Podcast nicht eine MP3-Datei ist, die man übers Internet herunteladen kann, sondern dass man das abonnieren kann…)

Die FAZ, Wikipedia und Tibet

Liebe FAZ!
Ich kann mich den Worten von Ralf im Netzbuch-Blog nur anschliessen: “Der FAZ-Artikel ist plumpe Interessenspolitik. Als Autor zu verschweigen, dass man im angerissenen Konfliktfeld des Artikels Partei ist, ist unverzeihlicher als alles, was je falsch in der Wikipedia stehen könnte.”

FAZler, steckt den hinter der Zeitung nur der kluge Kopf der Leser? Man kann ja über Wikipedia viel Kritisches sagen, gerade, was Wahrheiten angeht. Aber ausgerechnet den Artikel über Tibet zu nehmen und dann die Tibetinitiative als Kronzeugen anzuführen, ist nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss.

Denn ein Grundsatz gilt in der Wikipedia: Der der Neutralität. Und neutral kann weder die chinesische Regierung sein noch die Tibetinitiative. Sie können mitdiskutieren – vor allem letztere – und Hinweise geben.

Matthias Schindler hat das mal bei Netzpolitik präzisiert:

Hand in Hand mit der Neutralität geht übrigens auch die Pflicht, Quellen zu nennen. Klingt trivial, ist es aber nicht immer. Wikipedia ist kein Ort, um die Frage der ethnischen Zusammensetzung Tibets (oder die Frage, wie viel Gebiet Tibet genau ist) zu klären. Wir verweisen auf belastbare externe Quellen, die dies mit eigenen Worten darstellen.

Was aber gar nicht geht, ist, dass der Autor des FAZ-Artikels offensichtlich ehemaliger Vorsitzender dieser Initiative ist.

Was gestern und heute einzelne Wikipedianer aufgeregt hat, ist die Tatsache, daß der FAZ-Autor offenbar Mitglied der TID ist und mal ihr erster Vorsitzender war. Wäre da nicht noch im Artikel dafür etwas Platz gewesen? Stand nicht ein Kollege bereit, der hier den Artikel hätte schreiben können?

Kurz mal zitiert aus dem Kodex der FAZ:

Ihr Ziel ist es, einen möglichst hohen Lesernutzen zu stiften. Sie sieht dazu als unabdingbare Voraussetzung ihre journalistische Unabhängigkeit, die wiederum ihre Glaubwürdigkeit begründet. Die Mitglieder der Redaktion verpflichten sich, ihren Möglichkeiten entsprechend diese Unabhängigkeit zu wahren.

Mal abgesehen davon, dass Artikel “Wir haben einen Fehler in der Wikipedia gefunden” (die kostenlos ist und ehrenamtlich verfasst wird) natürlich viel schöner zu schreiben sind als “Wir haben einen Fehler in der FAZ gefunden.” Ich bin mal gespannt, wie die FAZ-Leser das diskutieren.

Google Earth bedroht WM

Sicherhitsexperten können ja schlecht den Weltfrieden verkünden, weil sie dan ihren Job verlieren würden. Aber nur noch Bedrohungen zu sehen, geht doch zu weit. Wie der Frankfurter Sicherheitsexperte Klaus Dieter Matschke, der jetzt entdeckt hat, dass Google Erath ein Sicherheitsrisiko ist, weil Terroristen damit Ziele ansteuern könnten. Genauer, so Matschke, könnten sie Raketen dank Google sehr genau programmieren.
Dasmag ja sein, aber Hallo? Das Problem sind doch nicht die Google-Koordinaten, wie jahrelange Selbstmordattentate in Israel zeigen.

Leider hat sich auch die deutsch Ausgabe des MIT Technology Review dieser Sache so angenommen, als ob es diese Bedrohung tatsächlich gäbe.

Da Kurzstreckenraketen Reichweiten von bis zu 300 Kilometern haben, könnten seegestützte Raketen von Nord- oder Ostsee aus zumindest die WM-Stadien in Gelsenkirchen, Dortmund, Hannover, Hamburg und Berlin erreichen.

Bevor man die tolle Geschichte dann totrecherhiert, hört man damit af:

Ob derartige Szenarien bei den Sicherheitsverantwortlichen der WM als realistisch in Betracht gezogen werden, ist unklar. Im Bundesministerium des Innern will man zu Szenarien keine genaueren Auskünfte erteilen.

Kann es vielleicht sein, dass eszwar die Möglichkeit gibt, mittels russischer Kurzstreckenraketen ein Ziel während der WM anzugreifen, es aber auch tausende andere Möglichkeiten vorhanden sind, wie schmutzige Atombomben, biochemische Waffen und gar Angriffe Ausserirdischer .

Technology Review zieht sich dann am Ende doch noch aus derAffäre:

Der einzige Trost: Schon vor den Olympischen Spielen in Athen war die Aufregung um mögliche terroristische Anschläge gewaltig – passiert ist am Ende nichts.

Eben.Drum.

New York Times Journalisten-Kodex

Von den Amis können wir bisweilen lernen, und von der New York Times ohnehin. Der Standard berichtet über die Regeln, an die sich Journalisten halten müssen, und die sind nicht ohne:

* Ihre Reporter dürfen sich nicht zum Essen einladen lassen. Es sei denn zum Interview in firmeneigenen Kantinen, wo sie nicht bezahlen können. Und: “Ein einfaches Buffet oder Muffins bei Pressekonferenzen sind harmlos”.

* Freie oder vergünstigte Reisen und Unterkünfte dürfen die Journalisten nicht annehmen – es sei denn bei militärischen oder wissenschaftlichen Exkursionen, wo sich das nicht vermeiden lässt.

* Nur wer Kritiken oder Spielberichte schreibt, darf Pressetickets annehmen. Allen anderen, selbst Mitgliedern des Kultur- oder Sportressorts, sind Freikarten, selbst bessere Plätze verboten.

* Geschenke sind abzulehnen – abgesehen von Kleinigkeiten “im Wert von, sagen wir, 25 Dollar oder weniger, etwa eine Kappe oder ein Häferl mit Firmenlogo”.

Upps, da sind wir hier doch ein wenig – sagen – lockerer? Wie war das gleich mit Journalistenrabatten, Einladungen zu Autopräsentationen, leckeren Cometogether-Pre-Event-Partys? Ich sag das durchaus selbstkritisch. Mancher Blogger ist da unabhängiger und hat weniger die Schere im Kopf.

Frankfurter Journalistentage




Frankfurter Journalistentage

Originally uploaded by mondgruen.

FAZ-Prominenz schaut aufs Podium – zu mir 🙂


Was hörten wird dort?
Nun, für den Webloginteressierten nicht wirklich viel Neues, was aber auch nicht Sinn war bei den Frankfurter Journalistentagen. Denn das von mir moderierte Panel mit dem Jörg Kantel (DerSchockwellenreiter), Lorenz Lorenz-Meyer (Onlinejournalimus Darmstadt), Graf Philip von Dönhof (GF Netzeitung) und Dr. Tim Fischer (Weblog-Buchautor) sollte Journalisten zunächst erst einmal erklären, was Welogs sind und warum sie sich damit auseinanersetzen müssen. Und diese Botschaft scheint angekommen: erstaunlich wenige, die Blogs noch als Freakstuff abtun, erstaunlich interessiert zumindest die Entscheider. Die anschließende Diskussion hatten natürlich auch zum Inhalt, wie trivial denn Blogs sind und was denn Journalisten damit anfangen sollen. Und die üblichen Argumente:
РJournalisten k̦nnen Blogs als Quellen nutzen
РJournalisten k̦nnen selbst bloggen, um Leser anders zu erreichen und vor allem zu binden
– Nein, Blogs werden nicht die Zeitungen venichten
– Das machen die schon selbst

Noch nicht zu Ende gedacht haben die meisten das Thema Multimedia: Wer nur in Blogs denkt und nicht auch in Audio und Video, bleibt auf halber Strecke stehen.

Eine Neuigkeit gab es dann doch: Philip Graf Dönhof erklärte, die die Netzeitung demnächst User Generated Content nutzen will: In einem kleinen Bloglabor, in dem junge Journalisen sich austoben dürfen. “So richtig mit Chefredakteur und so…”
Dazu spreche man derzeit Nachwuchstalente an, auch Blogger, die dann eine Art Journalismus-Crashkurs bekommen.

Das mag gute Nachwuchsförderng sein, zu glauben, dass User demnächst den Zeitungen die “Online)-Seiten vollschreiben, halte ich für falsch. Wenn Medien die Leser bloggen lassen, bleibt ihnen nur noch die Rolle der technischen Plattform, aber nicht die des Meinungsführers und des kompetenten Nachrichtenanalysten. Deshalb sollte der Text von der Zeitung kommen und dann in den Diskurs mit den Lesern gehen.

In diesem Zusammenhang hier der Hinweis auf ein lesenswertes Interview in der Netzeitung mit Christian Nusser, Cherfredakteur von “Österreich”, einer Zeitung, die Geschichte schreiben will.

Alle «Österreich»-Redakteure arbeiten bimedial, egal ob Sport, Politik, Wirtschaft, Chronik oder Auto. Einerlei ob Fußball-WM oder Bankraub in Wien-Favoriten – wir haben immer Reporter vor Ort. Dieses Live-Erlebnis ist im Internet neu und erlaubt eine hohe Taktfrequenz bei den Updates. Damit können wir echtes Newsroom-Feeling erzeugen. Wann immer der User, die Userin auf die Seite kommt – es gibt immer frische Nachrichten.

Interaktiver Einbürgerungstest

Ist es reine Neugier, oder wollen unsere Leser wirklich wissen, ob sie gute Deutsche sind? Auf jeden Fall geht der Server der FNP schon mal in die Knie, seitdem wir einen Einbürgerungstest zum Selbstbeantworten haben.
Die Antworten basieren auf denen des Wikibooks – wir wissen natürlich, dass es keine klaren Antworten gibt, einige Fragen falsch sind und man überhaupt darüber diskutieren kann, welchen Sinn solche Tests haben.

“Krötenwanderungen starten am Wochenende”

.. schreibt gerade DPA. Ich stelle mir den Rest im Original vor:

PRESSEMITTEILUNG
Krötenwanderungen starten am Wochenende

Der Verband deutscher Kröten wird seine diesjährigen Wanderungen am 25. und 26.März beginnen. Damen und Herren der Presse sind zum Startschuss um 17 Uhr am großen Teich eingeladen. Im Anschluss an den Termin laden wir Sie zu gebratenen Froschschenkeln ein.

Im Verband deutscher Kröten sind Kröten und Unken zusammengeschlossen, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal deutschen Boden bei einer Wanderung berührt haben.

Grup Tekkan – Ehrlichkeit ist gefragt

Grup Tekkan sind lustig, weil sie scheiße sind. Ich lache über die drei, weil sie nicht singen können und dumm genug sind, völlig talentfrei aufzutreten. Ja, ich lache sie dafür auch ein wenig aus. Die Jungs haben nichts drauf, können rudimentär deutsch und treffen keinen Ton.

Ich werde sie aber nicht zu einem Interview einladen oder eine Story über sie machen. Auch Hypes haben eine Grenze. Interessant, dass gerade jene, die das Hohelied der Kultur singen, den Hype mit losgetreten haben. Das mag Absicht sein oder nicht: wer ein Youttube-Schrott-Video ans Sonnenlicht bringt, macht das nicht aus Chronistenpflicht.

Ich versuche das hier eher journalistisch zu sehen: Müssen wir in Print darüber berichten? Weil das Video umher schwirrt? Grup Tekkan ist ein Beispiel für die wachsende Unselbstständigkeit der Medien: Wir müssen ein Thema machen (Schnappi war der Anfang), weil es die anderen machen. Entscheidend ist längst nicht mehr der Zeitpunkt einer Veröffentlichung, sondern wer es alles schon macht. Erinnert mich an frühere Diskussionen mit meinen Eltern: Wenn die wollten, dass ich früh ins Bett gehe , sagte sie, die anderen Kinder müssen auch alle früh ins Bett. Wenn ich aber auf der Party länger bleiben wollte, weil die anderen Kinder auch länger blieben, galt das nicht.

Können wir als Journalisten nicht endlich wieder das machen, was wir für richtig halten? (Interessanterweise wissen hier in der Redaktion schon eine Menge Leute von Grup Tekkan – aber erst nachdem der HR hier anruft und sagt, sie machen ein Interview mit denen, wird es eine Geschichte. Mal sehen, wann dpa was schickt.)

Zwei Mal Vogelgrippe

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) sieht nach dem Fund von zwei weiteren mit Vogelgrippe infizierten Katzen auf Rügen eine «potenzielle Gefahr» für den Menschen.

Das Vogelgrippe-Risiko für den Menschen hat sich nach dem Fund von zwei weiteren toten Katzen auf der Insel Rügen nicht erhöht. Zu dieser Einschätzung kommt das Friedrich-Loeffler- Institut auf der Insel Riems.

Wofür brauchen wir das Institut, wenn es Seehofer besser weiß? Oder machen die nicht genug Panik für Herrn Seehofer?
Und was überhaupt ist eine “potenzielle Gefahr”?

Ich werde das Gefühl nicht los, dass einigen Politiker – weil sie keine Lösung für unsere wirtschaftlichen Probleme haben – das Geschäft mit der Angst wieder entdecken und lieben lernen. Bei der FIFA Fußball Weltmeisterschaft werden Bundeswehreinsätze und Schnellverfahren vor Gericht diskutiert, statt ob man Freibier ausgibt, und bei der Vogelgrippe versucht die Politik, lieber mal mehrPanik zu verbreiten als zu wenig. Damit bleibt man in der Presse und hinterher kann keiner einen Vorwurf machen. Sachlichkeit ist da wohl weniger angebracht.

Helft dem Cannabis

Ich breche hier mal eine Sperrfrist – weil wer sowas schreibt , verdient es nicht anders:

DPA eben:

Etwa 30 Millionen Menschen in den EU-Ländern sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz haben im abgelaufenen Jahr Cannabis missbraucht.

Ich selbst kenne Cannabis und schätze seine sanfte Art. Missbrauch ist nicht zu tolerieren. Was immer diese 30 Millionen kranken Hirne mit den armen Pflanzen anstellen, weiß ich nicht. Ich rufe dazu auf: Helft dem Cannabis!

Alexander, es reicht

Alexander Privitera ist Newsmann bei N24. Und deshalb muss ich ihn jeden Tag ertragen. Wenn unsereiner Podcaster mal ohne Skript ein paar Ähhs in die Sendung macht, gibt es gleich Kloppe bei Podster. Was aber Privitera sich tagtäglich zusammenstammelt, ist schon fast Satire. Der Mann hat ein wenig zu lange Foxnews geschaut, moderatorentechnisch sind wir Zuschauer für ihn wohl texanische Rinderzüchter, die einmal im Jahr eine spannende Nachricht bekommen.

Der Mann betont jeden Scheiß, als ob die Aliens über uns mit dem Raumschiff kreisen und schon mal den Laser anwärmen.

Teleprompter geht gerade noch, aber wehe Primitiva kriegt ne Live-Schalte (was leider täglich passiert):
“Heute gab es äh- im Irak – viele Anschläge. Augenzeugen berichten, dass ein Mann auf PASSANTEN zuging (Betonung in Großbuchstaben)”.

Die Zahl der Arbeitslosen ging um 241.000 Einheiten zurück. Aha. Das ist der Unterschied zwischen TV 1.0 und 2.0: Ehrensenf würde – unterstelle ich mal – bei so einem Text innehalten, die Redaktion fragen ob sie noch ganz sauber sind und dann weitermachen. Aber die Pseudowelt des Fernsehens macht ja keiner Fehler.

Gerd Rubenbauer und der schwarze Mann

Da schaue ich gerade die Abschlussfeier von Olympia und ahne schon, dass wieder ein Kommentator dazwischen reden wird. Aber was Rubi bisweilen absondert, ist schon hartes Brot

“Am Anfang dachten die Zuschauer, hier kommt einer vom anderen Stern.”, sagte Gerd Rubenbauer und meinte damit einen äthiopischen Langläufer. Nun Gerd, es mag ja bei euch in Bayern etwas rückständig zugehen, aber wir hier in Hessen (und wahrscheinlich überall) finden dunkelhäutige Menschen keineswegs “vom anderen Stern”, auch wenn sie bei den Winterspielen mitmachen.

Das ist nämlich der Gedanke der olympischen Spiele, dass jeder mitmachen kann und Hautfabre keine Rolle spielt. Deshalb nennen wir dunkelhäutige Teilnehmer auch nicht “unser Freund” aus Äthiopien, weil wir ihn gar nicht kennen und er deshalb kaum unser Freund sein kann, es sein denn, es ist aus dieser herablassenden Perspektive gemeint.

Und Gerd, kauf Dir mal den Fischer Weltalmanach, der erklärt Dir die Welt. “Japaner und Amerikaner Arm und Arm, Schulter an Schulter” wäre zu den Spielen in den 60ern vielleicht noch passend gewesen. 2006 eher nicht. Die mögen sich nämlich lange schon.

Und Gerd, wenn die brasilianischen Bobfahrer wirklich unverletzt sind, warum klärst Du uns nicht auf, warum einer den Arm in der Schlinge hat?

Schön auch das: “Eines muss man ihnen lassen, das können die Italiener, solche Schlussfeiern organisieren”. Aha. Ansonsten liegen sie faul am Strand oder was? Apropos lassen: warum kannst Du, lieber Gerd, das Reden nicht einfach lassen, wenn Du nichts zu sagen hast (und sag nicht der Poschmann hat auch so oft geschwätzt – das macht es nur schlimmer…)

“Sie ließen sogar Good Old Satchmo wieder aufleben – italienisch gefärbt selbstverständlich” – Damit er nicht so schwarz aussieht oder wie von einem andern Stern?

Und mit der Vespa, Gerd, kommt man bei Schnee nirgendwo schneller hin als mit dem Auto – lass Dir das gesagt sein von jemandem, der bei Schnee mal Roller fahren wollte.

Wind ist eine meterologische Unart dieser Winterspiele, lernen wir von Dir, Gerd, und so ein Propeller kann 200 Stundenkilometer schnellen Wind erzeugen, “hab sie uns stolz erzählt”. Waren SIE wirklich stolz Gerd, oder sagst Du das nur so? Meinst du Italiener sollten stolz sein, wenn sie einen Propeller auf den Boden legen?